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Es gibt zu viele Kirchen in Niedersachsen

Die Landeskirche Hannovers lässt zum ersten Mal ermitteln, welche Kirchen sie in Zukunft noch braucht. An der Basis sorgt das für Konflikte.

„Schon eine Turmsanierung kostet 150 000 Euro“, sagt der Superintendent Frank Uhlhorn.
„Schon eine Turmsanierung kostet 150 000 Euro“, sagt der Superintendent Frank Uhlhorn.epd-bild/JEns Schulze

Von Frank Uhlhorn ist jetzt sein ganzes diplomatisches Geschick gefragt. „Das Thema birgt Konflikte“, deutet der Superintendent des Kirchenkreises Göttingen-Münden an. Er besuche die Gemeinden, spreche mit den Beteiligten und ringe um Perspektiven. „Allen ist klar, dass wir Lösungen brauchen, um mit weniger Gebäuden auszukommen.“

Es geht bei den Verhandlungen um eine umfassende systematische Bedarfsplanung des künftigen Gebäudebestands, vor allem der Kirchen, wie es sie bisher in der Landeskirche Hannovers noch nicht gegeben hat. Superintendenten wie Uhlhorn müssen sie möglichst noch in diesem Jahr in ihren Kirchenkreisen umsetzen. Es sollen Kategorien entstehen, nach denen die Kirchenkreise die Bedeutung einzelner Kirchen für die künftige kirchliche Arbeit beurteilen können. Denn nur die wichtigsten sollen künftig auch zusätzliche landeskirchliche Unterhaltszuweisungen erhalten. Für den Rest müssen die Kirchenkreise eine neue Verwendung finden.

Superintendent: „Schon eine Turmsanierung kostet 150.000 Euro“

Im südlichsten Kirchenkreis von Niedersachsen stehen allein knapp 120 Kirchen. Insgesamt seien es zu viele, um allein aus Mitteln des Kirchenkreises unterhalten zu werden. „Schon eine Turmsanierung kostet 150.000 Euro“, rechnet Uhlhorn vor. Doch jährlich habe der Kirchenkreis nur rund eine halbe Million Euro für den Gebäudeerhalt. „Da ist viel Druck im Kessel.“

Nach zehn Jahren Diskussion habe sein Kirchenkreis mit Unterstützung eines eigens eingestellten Gebäudemanagers 20 Kriterien entwickelt, an denen sich der künftige Kirchenbestand messen lassen müsse, so Uhlhorn. Es gehe um die Erreichbarkeit und die Besucherzahl, aber auch um die architektonische Bedeutung der Gebäude. So sei man auf 56 „Bestandskirchen“ gekommen, die unaufgebbar seien, und 58 „Prüfkirchen“, für die eine neue Verwendung gefunden werden müsse.

Mehr Unterstützung bei Fragen des Verkaufs und der Mitnutzung von Kirchen gefordert

Man sei weit gekommen, doch diese Einteilung sei vorläufig, betont der Superintendent. Denn das Verfahren habe für manche Aufbrüche gesorgt. „Es sind Vereine entstanden, es wurden Gelder gesammelt. Das macht schon Eindruck, wenn ein ganzes Dorf zusammenhält.“ Eine Idee sei zum Beispiel, rund um die Kirche Tiny Houses anzusiedeln. Viele Menschen würden erkennen, dass Kirchen große Bedeutung für ihren Sozialraum haben. „Sie sagen, wenn ihr auch noch geht, dann kommt die AfD.“ Doch man müsse sich im Klaren sein, dass trotz aller Kreativität nicht alle Kirchen zu retten seien.

Von der Landeskirche wünscht sich Uhlhorn mehr Unterstützung bei Fragen des Verkaufs und der Mitnutzung von Kirchen. „Da brauchen wir mehr Tempo.“ Außerdem fehle ein Konzept, wie die Aufgabe von Kirchen vonstatten gehen soll. „Wenn es das Ziel ist, die Kirchen langsam verfallen zu lassen, dann sollte es die Landeskirche auch sagen.“ Auch im Kirchenkreis sei noch viel Überzeugungsarbeit nötig, betont Uhlhorn. Sein diplomatisches Geschick bleibt also gefragt.