Nach der Beisetzung von Papst Franziskus richtet sich der Blick nach vorn. Welche Eigenschaften sollte der neue Papst haben? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Auch unter Kirchenvertretern aus Deutschland.
Die Vorphase zur Papstwahl setzte schon vor den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst Franziskus ein. “Am vergangenen Dienstag hat mit den Generalversammlungen das sogenannte Vor-Konklave begonnen”, vertraute der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki am Wochenende den Zuschauern seines wöchentlichen Video-Impulses an. Über die täglichen Treffen der Kardinäle sagte er: “Wir tauschen uns aus über die zentralen Anliegen und Herausforderungen, vor denen der nächste Papst stehen wird.”
Wann die eigentliche Papstwahl in der Sixtinischen Kapelle beginnt, steht derzeit noch nicht fest. Laut geltenden Bestimmungen müsste das Konklave spätestens am 11. Mai starten. Wahlberechtigt sind 135 Kardinäle. Neben Woelki gehören zu diesem Kreis zwei weitere Vertreter aus Deutschland: der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Was sollte der neue Mann an der Spitze der katholischen Kirche mitbringen? Kardinal Marx erhofft sich einen neuen Papst mit einer mutigen, freien, glaubwürdigen und kommunikativen Persönlichkeit. Diese müsse tief im Glauben verwurzelt sein. In dieser Hinsicht solle das Erbe seines Vorgängers Franziskus weiterführen, so Marx.
Einen anderen Akzent setzt Kardinal Müller, der seit seiner Ausbootung durch Papst Franziskus in den vergangenen sieben Jahren nur noch eine Nebenrolle im Vatikan spielte, als Theologe aber weiterhin internationales Renommee genießt. In einem Interview der italienischen Tageszeitung “Repubblica” stellte er fest: “Es ist ein Kapitel in der Geschichte der Kirche abgeschlossen.” Eine klare Ansage an jene, die im nächsten Pontifikat an die Linie von Franziskus anknüpfen und diese vielleicht sogar weiterentwickeln wollen.
Wäre es denkbar, das Erbe von Franziskus auszuschlagen? Dessen Einsatz für mehr Dialogfähigkeit und Beteiligung der Gläubigen in der Kirche bezeichnete Kurienkardinal Walter Kasper in einem Interview von Radio Vatikan als “großes Vermächtnis”. Franziskus habe den Anstoß gegeben, ein neues Klima zu schaffen. “Da gibt es noch einiges zu verbessern und weiterzuführen, zu klären für den nächsten Papst, der hoffentlich diese Initiative aufgreift.” Aber klar sei auch: “Zurückfahren kann man nicht – das ist ausgeschlossen”, so der emeritierte deutsche Kurienkardinal, der mit 92 Jahren nicht mehr zum Kreis der Papstwähler gehört, aber dennoch einen einflussreiche Stimme ist.
Franziskus habe mit dem von der katholischen Kirche in Deutschland initiierten Reformdialog Synodaler Weg gefremdelt, ihn jedoch nicht gestoppt, sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Für welche Art des Zuhörens und der Konsens-Suche der Papst aus Lateinamerika stand, habe er erst bei der Weltsynode in Rom 2023 und 2024 begriffen, so Bätzing. Franziskus sei es um Harmonie gegangen, in der die einzelnen Stimmen einander ergänzen. Der Bischof von Limburg hofft nun auf einen neuen Papst, der das Denken und Handeln von Papst Franziskus fortsetzt und weiterentwickelt.
Beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken wünschen sie sich als Nachfolger von Franziskus einen, der beherzt die heißen Eisen der deutschen Reformdebatten anpackt: Frauen als Priesterinnen, Lockerungen beim Zölibat – der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern -, mehr Teilhabe an Macht für Laien, zählt die Präsidentin des katholischen Dachverbandes Irme Stetter-Karp im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf.
In vielen Fragen der Sexualität habe die Kirche wohl den Anschluss an die Gesellschaft verloren, mutmaßt sie. “Zur Verhütung gibt es wahrscheinlich keine besonderen Erwartungen mehr an einen neuen Papst.” Und weiter: “Wir wollen, dass die katholische Kirche in der Lehre ihre Vorstellungen von Sexualmoral grundlegend bearbeitet.”