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Staatsanwaltschaft Gießen ermittelt gegen “Hessencam”-Video

Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelt gegen den katholischen Wetzlarer Pastoralreferenten Joachim Schaefer wegen des Anfangsverdachts des Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz. Das bestätigte ein Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Hintergrund ist eine AfD-Veranstaltung im August im mittelhessischen Rabenau-Geilshausen. Schaefer, der das Jugendmedienprojekt „Hessencam“ betreibt, hatte dort im Rahmen seines Projektes mit der Kamera Anwesende befragt. Im Video, das auch auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) zu sehen ist, bezeichnet sich ein Mann als „Nationalsozialist“. Zuerst hatten SWR und „tagesschau.de“ darüber berichtet.

Der Landesverband Hessen des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) wertete die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei gegen Schaefer als „eklatanten Angriff auf die Pressefreiheit“. Die Beamten hätten „aktiv nach Zeugen“ gesucht, obwohl es sich um ein Antragsdelikt handele, teilte die Justiziarin des DJV-Bundesverbandes, Hanna Möllers, in Frankfurt am Main mit. Die AfD sei nach Kontaktaufnahme der Polizei nun aktiv auf der Suche nach Zeugen. Dadurch lasse die Polizei den Eindruck entstehen, „dass sie im vorauseilenden Gehorsam einer radikalen und extremen Partei handelt“. Die Gießener Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es sich um ein sogenanntes Antragsdelikt handele. Dabei seien jedoch erste polizeiliche Maßnahmen – etwa in Gestalt der Ermittlung von Zeugen – grundsätzlich zulässig.

„Hessencam“ ist ein Jugendprojekt der katholischen Kirchengemeinde Unsere Liebe Frau in Wetzlar. Im Rahmen von „Hessencam“ führt Schaefer regelmäßig Interviews – oft auch bei „Querdenker“-Demos oder Veranstaltungen im rechten Milieu, wie es auf „tagesschau.de“ hieß. Schaefer bestätigte dem epd außerdem, dass er wegen seiner Videos häufiger angezeigt werde, bisher seien die Verfahren aber immer eingestellt worden. Das Projekt sei „eine Art Gesprächsmöglichkeit mit Kamera“.

Die Vorwürfe gegen Joachim Schaefer seien nicht haltbar, erklärte der Vorsitzende des DJV Hessen, Knud Zilian. Im Video sei deutlich erkennbar, dass Schaefer, der in der rechtsextremen und verschwörungsideologischen Szene für seine Reportagen bekannt sei, von vielen Teilnehmern erkannt werde. Er stelle den Teilnehmern der AfD-Veranstaltung journalistische Fragen. „Daran hat die Öffentlichkeit ein großes Interesse, wie sich Anhänger einer Partei geben.“ Diese Arbeit zu schützen, wäre Aufgabe der Polizei, sagte Zilian.