Im Juli 2011 wurde der Bundesfreiwilligendienst (BFD) eingeführt. Zum fünfjährigen Bestehen hat das Bundesfamilienministerium eine positive Bilanz gezogen. Bundesweit engagieren sich rund 50 000 Freiwillige in dem Programm. Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe gehört mit 1000 Teilnehmenden zu den größten Anbietern in der Region. Geschäftsbereichsleiter Jürgen Thor erklärt im Gespräch mit Sabine Damaschke, warum das so ist.
• Als der Bundesfreiwilligendienst vor fünf Jahren eingeführt wurde, sahen viele darin einen Ersatz für den Zivildienst, der nun aufgrund des Aussetzens der Wehrpflicht wegfiel. Die Skepsis gegenüber dem neuen Programm war groß. Auch bei der Diakonie?
Wir hätten nicht geglaubt, dass sich nach der Abschaffung des Zivildienstes direkt 35 000 Menschen für den Bundesfreiwilligendienst melden würden. Doch es gab damals viele junge Männer, die sich noch auf einen Zivildienst eingestellt hatten und nun das neue Programm nutzten, um ein Orientierungsjahr zu machen. Mittlerweile sind es allerdings eher Frauen, die sich dafür interessieren. Unter unseren 1000 Freiwilligen aus dem Bundesfreiwilligendienst und den rund 800 Freiwilligen, die ein FSJ (= Freiwilliges Soziales Jahr; Anmerkung der Redaktion) machen, haben wir nur gut ein Drittel Männer.
• Die Diakonie RWL gehört zu den größten Anbietern an Freiwilligendiensten. Woran liegt das?
Es hat sich herumgesprochen, dass es bei uns ein breit gefächertes Angebot an sozialen Diensten gibt, und Diakonie ist auch stark vor Ort vertreten. Denn das steht bei den jungen Leuten, die mit 95 Prozent den Großteil unserer Freiwilligen ausmachen, an oberster Stelle. Die meisten möchten in ihrer Umgebung eingesetzt werden. Die Konfession oder das Profil des Trägers spielt für sie keine große Rolle. Nur gut die Hälfte unserer Freiwilligen ist evangelisch. Vielen müssen wir erstmal vermitteln, was Kirche und Diakonie überhaupt ist.
• Welche Arbeitsfelder der Diakonie sind besonders beliebt und mit welchen tun sich Jugendliche eher schwer?
Ein sehr großer Teil will mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, zum Beispiel in einer Offenen Ganztagsgrundschule oder in der Begleitung behinderter Kinder. Der Krankenhausbereich ist auch recht beliebt, um auszutesten, ob der Beruf des Pflegers oder Arztes etwas für die Jugendlichen ist. Weniger beliebt ist dagegen die Altenhilfe. Doch wer sich auf die Betreuung alter Menschen einlässt, ist meistens positiv überrascht, wieviel Freude diese Arbeit machen kann. Das gilt übrigens auch für die Betreuung von Menschen mit Behinderungen. Deren Offenheit und Herzlichkeit beeindruckt viele junge Menschen.
Am Ende ihres Freiwilligendienstes ist für gut 40 Prozent unserer Teilnehmer klar, dass sie eine Ausbildung oder ein Studium im Sozial-, Gesundheits- oder Bildungsbereich machen wollen.
• Mehr als 95 Prozent der Freiwilligen sind zwischen 16 und 26 Jahre alt. Nur knapp fünf Prozent machen im Bundesfreiwilligendienst für Menschen über 27 Jahre mit. Woran liegt das?
Es hat sicherlich mit der finanziellen Absicherung zu tun. Freiwillige erhalten ein monatliches Entgelt von 380 Euro. Das ist zu wenig für Menschen, die alleine ihre Miete und ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen.
Wer es sich finanziell leisten kann, für den bietet der Freiwilligendienst aber eine gute Möglichkeit zu testen, ob aus der sozialen Tätigkeit auch ein Beruf werden kann. Mittlerweile beginnt die Hälfte unserer Teilnehmer nach dem Bundesfreiwilligendienst eine Ausbildung im sozialen Bereich.