Hamburg. In Tokio hinken sie der Zeit ziemlich hinterher. Am kommenden Freitag werden die Olympischen Spiele eröffnet – und sie nennen sich „Olympia 2020“. Darauf legt das Internationale Olympische Komitee Wert. Nachdem die Veranstaltung im vergangenen Jahr wegen der Pandemie abgesagt werden musste, sollte wenigstens der Name bleiben.
Ohnehin werden es Spiele, wie die Welt sie noch nicht erlebt hat: keine Zuschauer, keine Besucher aus dem Ausland und strenge Hygieneregeln. Auch Frank Howaldt, Sportpastor des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, erwartet besondere Wettbewerbe. Ob es richtig ist, Olympia trotz Corona durchzuziehen, will er nicht beurteilen. „Da vertraue ich den Experten“, sagt er. Der Theologe ist Gemeindepastor in Ottensen – und hat den Auftrag, Kirche und Sport in Hamburg miteinander zu verbinden.
Vorfreude bei Aktiven
Howaldt betont, dass die Spiele für viele Sportler etwas Einmaliges sind. Wenn sie ausfallen sollten, gebe es einen Leerlauf von acht Jahren. Und das könne dann dazu führen, dass Akteure – gerade aus Randsportarten – Probleme bekommen könnten, Sponsoren zu finden. Deshalb glaube er, dass sich die meisten Aktiven auf ihre Reise nach Tokio freuen, trotz der Umstände.
Verzichten müssen die Sportler in Japan auf Seelsorge vor Ort. Sonst sind bei den Spielen immer ein evangelischer und ein katholischer Seelsorger dabei – Bedarf bestehe sowohl nach Siegen als auch nach Niederlagen. Er selbst war 2012 als Zuschauer in London und hat beispielsweise die Handballer und das Wildwasserkajak-Team angefeuert.
Doch die Seelsorger bleiben in diesem Jahr in Deutschland und betreuen die Aktiven vor allem digital: mit Online-Gottesdiensten, Video-Chats und E-Mails. Howaldt bedauert es, dass die Kirche als Teil des Teams nicht direkt vor Ort ist. Für die seelsorgerliche Betreuung mache es einen Unterschied, ob die Mitarbeiter in Deutschland oder in Tokio seien. „Aber einem guten Mentaltrainer kann man zutrauen, die religiöse Dimension ernstzunehmen“, glaubt der Theologe.
Boom erwartet
Außerdem sei Olympia für viele Sportarten ein Schaufenster. Vier Jahre lange würden sie in der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert – und auf einmal stünden sie dann im Rampenlicht. Das gelte etwa für Bogenschießen genauso wie für BMX-Fahren. Wenn ein deutscher Sportler erfolgreich sei, würden auch die Vereine hierzulande profitieren. „Das ist messbar“, sagt Badminton-Spieler Frank Howaldt.
Auch die Sportclubs in Hamburg könnten nach seiner Auffassung von den Spielen profitieren. Nachdem der Sport wegen der Pandemie am Boden lag, hält es der Pastor für möglich, dass die Vereine nach den Sommerferien einen Boom erleben – auch weil die Menschen wieder Gemeinschaft erleben wollen.
Zu wenig Sportplätze
Doch damit sieht der Theologe ein Problem auf die Hansestadt zukommen: „In Hamburg gibt es zu wenig Platz für Sport“, moniert er. Vielerorts fehlten Hallen oder Fußballplätze. Die Stadt sei aufgefordert, das Problem zu lösen, das bereits vor der Pandemie bestanden habe.
Die Hamburger Vereine haben die Pandemie nach Howaldts Beobachtung gut überstanden. Es habe keine wirtschaftlichen Desaster gegeben. „Die Mitglieder haben sich als treue Seelen erwiesen und sind nicht ausgetreten“, freut sich der Theologe.