Das geplante neue Modell der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Anerkennungszahlungen an Missbrauchsbetroffene stößt auf Kritik. Es sei komplex und werde viele Betroffene vor neue Hürden stellen, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Der sogenannte Pauschalbetrag von künftig 15.000 Euro werde gerade nicht an alle Betroffenen gezahlt. Eine Zahlung sei nur dann vorgesehen, wenn die Taten vom Strafrecht umfasst seien. “Damit werden Taten, die vielfach mit massivem Machtmissbrauch und dem Ausnutzen seelsorgerlicher Beziehungen einhergingen, nach Kriterien des Strafrechts statt nach ethisch-moralischen Standards der evangelischen Kirche bewertet. Dies ist befremdlich”, so Claus.
Die EKD will nächstes Jahr ihre Anerkennungszahlungen für Missbrauchsbetroffene bundesweit vereinheitlichen. Geplant ist ein Kombimodell, dass sich aus einer individuellen und einer pauschalen Leistung zusammensetzt, wie am Montag bei der Tagung des Kirchenparlaments in Würzburg bekannt wurde. Die pauschale Leistung soll eine Höhe von 15.000 Euro haben und im Fall von strafrechtlich relevanten Taten gezahlt werden. Die individuelle Leistung soll sich an der Situation des jeweiligen Betroffenen orientieren.
Missbrauchsbeauftragte: Kritik an Vorgaben für die individuellen Leistungen
“Kirchliche Verantwortungsübernahme muss sich jenseits strafrechtlicher Kategorien über eine klare Haltung zeigen”, so Claus. “Zu vielen Betroffenen wird dieser vermeintliche Pauschalbetrag, dessen Höhe ohnehin umstritten ist, verwehrt bleiben.”
Auch die Vorgaben für die individuellen Leistungen kritisierte Claus. Sie orientierten sich nicht an der Schwere der Taten, sondern an den individuellen Bedürfnissen, die Betroffene entsprechend offen legen müssten. “Allein das wird für viele eine Hürde sein.”
Eine Vielzahl weiterer Maßnahmen gegen Missbrauch, die das Kirchenparlament am Mittwoch auf den Weg bringen will, sind nach Ansicht der Beauftragten nicht konkret genug. Zudem hätte sie sich eine schneller Umsetzung gewünscht. So solle etwa eine neue Gewaltschutzrichtlinie erst 2028 zum Standard werden. “Aus institutioneller Perspektive mögen vier weitere Jahre, bis konkrete Maßnahmen gelten sollen, akzeptabel sein, für Betroffene sind sie das nicht.”