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Ein Verfahren für zügige und ungestörte Papstwahlen

Papst Franziskus hat zuletzt dementiert, er wolle die Papstwahlnormen ändern – obwohl Fachleute drängen. Entscheidend geprägt wurde das exklusive Wahlverfahren vor 750 Jahren – nicht in Rom, sondern in Lyon.

“Extra omnes!” – “alle hinaus!” Mit diesen Worten des Zeremonienmeisters beginnt das wohl exklusivste Wahlverfahren der Welt, jenes für ein neues Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Ganz so geheimnisvoll wie früher ist das so genannte Konklave nicht mehr, seit Journalisten und der Papst selbst daraus berichtet haben. Festgeschrieben wurde das Verfahren von Papst Gregor X. 1274 beim Zweiten Konzil von Lyon, das am 7. Mai begann.

Vom 11. bis zum 13. Jahrhundert hatte das römische Papsttum eine große Machtfülle entfaltet. Damit geriet der Stuhl Petri wegen seiner Einfluss- und Einnahmemöglichkeiten zum einen ins Visier römischer Adelsfamilien. Zum anderen wollten der Kaiser sowie die Könige Frankreichs und Neapels ein Wörtchen mitreden. Was dazu führte, dass Papstwahlen monatelang dauerten. Starke Persönlichkeiten und die kleine Zahl des Kollegiums erschwerten die Wahlen zusätzlich.

Als erstes Konklave überhaupt gilt die Papstwahl von 1241. Weil die zehn Kardinäle zwischen Papsttum und Kaiser gespalten waren, sperrte der römische Senator Matteo Rosso Orsini die Kirchenmänner in einen verfallenen antiken Palast. Die Idee dazu kam ihm aus der Praxis italienischer Stadtkommunen, deren Obere hinter verschlossenen Türen frei von äußeren Einflüssen und innerem Parteienstreit ihre Ämter besetzten.

Der quasi unter Haftbedingungen gewählte und dadurch auch geschwächte Coelestin IV. regierte jedoch nur etwa zwei Wochen. Sein Nachfolger Innozenz IV., gewählt erst 1243 nach fast zwei Jahren Sedisvakanz, musste wegen des Streits mit den Kaisertreuen gar nach Lyon fliehen. Das Fass zum Überlaufen brachte das Gezerre nach dem Tod Clemens’ IV. Ende November 1268 in Viterbo, nördlich von Rom.

Wie üblich trat das Kardinalskollegium am Sterbeort des Papstes zusammen. Als die Eminenzen sich nach eineinhalb Jahren immer noch nicht geeinigt hatten, schloss sie der “Capitano del popolo” von Viterbo im Juni 1270 im Bischofspalast ein und ließ das Dach abdecken. Sommerhitze und Regen sollten die Herren an die Dringlichkeit ihrer Aufgabe erinnern. Es heißt, die Prälaten hätten sich Holzhütten gegen die Unbilden des Wetters gebaut.

Dennoch endete die längste Sedisvakanz der Geschichte – sie dauerte 33 Monate und zwei Tage – erst am 1. September 1271: mit der Wahl des Kompromisskandidaten Tebaldo Visconti, selbst kein Kardinal – nicht einmal Priester. Gregor X., wie er sich nannte, hatte aus dem Druck der weltlichen Autoritäten von Rom und Viterbo, denen allzu lange Sedisvakanzen auch wirtschaftlich schadeten, seine Lehren gezogen. Und bereitete alsbald seinen Erlass “Ubi periculum” (Wo Gefahr ist) vor, den er 1274 dem II. Konzil von Lyon vorlegte.

Dessen wesentliches Merkmal: Die Wahlberechtigten werden solange eingeschlossen (cum clave – mit einem Schlüssel), bis sie sich auf einen neuen Papst geeinigt haben. Kein Kardinal durfte das Konklave verlassen, außer er wurde schwer krank. Ein- und Ausgänge wurden bewacht. Jeder Kardinal durfte einen oder maximal zwei Diener mitnehmen.

War nach drei Tagen keine Wahl getroffen, gab es fünf Tage lang nur zwei Mahlzeiten täglich, danach allein Brot, Wasser und Wein. Das wichtigste Druckmittel, um die Wahl eines Papstes zu beschleunigen, war allerdings ein finanzielles. Gregor wies an, den Kardinälen während des Konklaves kein Gehalt mehr auszuzahlen. Die weit verbreitete Kritik an persönlichen Bereicherungen der Purpurträger während der Sedisvakanz hatte er sich gemerkt.

Die äußeren Umstände einer Papstwahl waren damit geregelt, nicht jedoch das Verfahren selbst. Dazu gab es traditionell drei Varianten: 1. “Per scrutinium” sammelten drei Stimmzähler alle Stimmen geheim ein und verkündeten anschließend das Ergebnis. So geschieht es auch heute noch weitgehend. 2. “Per compromissum” übertrugen die anwesenden Kardinäle das Wahlrecht einem ebenfalls dreiköpfigen Wahlgremium – und mussten sich dessen Entscheidung gegebenenfalls zähneknirschend beugen. 3. Eher selten wurde der neue Papst “quasi per inspirationem” von den anwesenden Kardinälen durch allgemeine Zustimmung gewählt.

Vor einigen Wochen mahnte der italienische Kirchenhistoriker Alberto Melloni eine Reform des Konklaves an. Es bestehe die Gefahr, dass “ein kriegführendes Land oder eine Großmacht der Informationstechnologie” sich ähnlich massiv einmischen könnte, wie dies bei Papstwahlen im Mittelalter der Fall war. Denn auch eingesperrte Kardinäle sind vor jeglichen äußeren Einflüssen nicht gefeit.