Hitler für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen? Gandhi mehrfach nominiert, aber nie ausgezeichnet? Seit bald 125 Jahren sorgen Verleihung – und Nicht-Verleihung – des Preises weltweit für Schlagzeilen.
Seit 1901 erhalten Menschen und Organisationen, die sich um Frieden und Verständigung verdient gemacht haben, den Friedensnobelpreis. Doch nicht jeder, der nominiert wurde, konnte den begehrten Preis auch tatsächlich entgegennehmen. Die Datenbank der Nobelkomitees enthält einige bemerkenswerte, ja geradezu schräge Einträge. Zu den am häufigsten gesuchten Personen gehören allen voran die beiden Diktatoren Adolf Hitler und Josef Stalin sowie der indische Politiker Mahatma Gandhi, heißt es auf der Website der Nobel-Stiftung. Keiner der drei hat den Nobelpreis bekommen.
Stalin, von 1922 bis 1953 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, wurde 1945 und 1948 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen – für seinen Beitrag zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Dass ein Diktator wie Stalin überhaupt in Erwägung gezogen wurde, wirkt heute geradezu absurd, spiegelt aber die komplexen politischen Realitäten der damaligen Zeit wider.
Noch berühmter ist Mahatma Gandhi, Symbol gewaltfreien Widerstands im 20. Jahrhundert. Gandhi wurde gleich fünfmal nominiert: 1937, 1938, 1939, 1947 und kurz vor seiner Ermordung im Januar 1948. Bekommen hat er den Preis weder zu Lebzeiten noch posthum. 1948 entschied das norwegische Komitee, keinen Preisträger zu benennen – mit der Begründung, es gebe “keinen geeigneten lebenden Kandidaten”. Gandhi bleibt damit der wohl prominenteste fehlende Laureat in der Geschichte des Preises.
Am überraschendsten dürfte die Nominierung Adolf Hitlers 1939 sein. Tatsächlich schlug ein schwedischer Parlamentsabgeordneter, Erik Brandt, Hitler vor – allerdings aus satirischer Absicht. Brandt war überzeugter Antifaschist und wollte die politische Debatte in Schweden kritisieren, in der damals der britische Premier Neville Chamberlain für den Preis vorgeschlagen wurde. Die Nominierung wurde rasch zurückgezogen.
Viele andere Staatsmänner und Politiker wurden nominiert, erhielten den Preis aber nie: Thomas G. Masaryk und Edvard Benes aus der Tschechoslowakei, britische Premiers wie Winston Churchill, Neville Chamberlain oder Clement Attlee, US-Präsidenten von William Howard Taft bis Dwight D. Eisenhower, Frankreichs Premier Pierre Mendès-France, Westdeutschlands Kanzler Konrad Adenauer, das argentinische Paar Juan und Eva Perón, indische Staatsmänner wie Jawaharlal Nehru und sogar der italienische Faschist Benito Mussolini.
Auch Künstler standen auf der Liste, ohne jemals ausgezeichnet zu werden: der russische Schriftsteller Leo Tolstoi, Erich Maria Remarque, bekannt durch den Anti-Kriegsroman “Im Westen nichts Neues”, oder der spanische Cellist und Dirigent Pablo Casals. Andere Nominierte wie John Maynard Keynes, Pierre de Coubertin oder Maria Montessori waren vor allem für ihre Arbeit außerhalb klassischer Friedenspolitik bekannt – von Wirtschaft über Bildung bis zur Gründung der Pfadfinderbewegung.
Selbst Königsfamilien tauchen in den Akten auf: Zar Nikolaus II. (1901), Prinz Carl von Schweden (1919), König Albert I. von Belgien (1922), Kaiser Haile Selassie von Äthiopien (1938), König Paul I. von Griechenland (1950) oder Prinzessin Wilhelmina der Niederlande (1951).
Wie oft jemand nominiert wird, ist sehr unterschiedlich. Die US-Frauenrechtlerin Jane Addams etwa wurde zwischen 1916 und 1931 insgesamt 91 Mal vorgeschlagen, bevor sie den Preis 1931 schließlich erhielt. Frauen – sie befinden sich mit bislang 19 Preisträgerinnen ohnehin in der Minderheit. Daran kann auch die am Freitag bekanntgegebene Auszeichnung für die Venezolanerin María Corina Machado nichts ändern.
Leer ausgegangen ist in diesem Jahr dagegen US-Präsident Donald Trump, obwohl er sich auf die ihm eigene Art recht offensiv ins Gespräch brachte. Er habe bereits sieben Kriege beendet, tönte er im Vorfeld. Nach der von ihm mit herbeigeführten Einigung zwischen der Hamas und Israel wird der 79-Jährige in den kommenden Monaten vermutlich noch selbstbewusster auftreten – auch in Sachen Friedensnobelpreis.