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Ein Papst mitten unter den Menschen

Die Nacht zu Samstag haben Elisa Petrone und ihre Freunde auf der Via della Conciliazione verbracht. Direkt an der Absperrung, nicht weit vom Petersdom entfernt. „Das war hart“, erzählt die 18-Jährige, „aber auch schön. Denn wir waren zusammen und haben diese Erfahrung geteilt. Darum geht es doch heute.“

Die Gruppe aus 34 Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus der Nähe von Padua sitzt an diesem Samstagmittag erschöpft auf einem Bordstein nur wenige Meter vom Petersplatz entfernt. Die Strapazen der Nacht haben sich gelohnt: Bei der Trauerfeier für den am Ostermontag gestorbenen Papst Franziskus standen die jungen Katholiken ganz weit vorne.

Um kurz nach zehn Uhr wird der schlichte hellbraune Holzsarg aus dem Petersdom gebracht, die Totenmesse beginnt. Respektvoller Applaus brandet unter den rund 250.000 Gläubigen auf, die nicht nur den Platz, sondern auch die Prachtstraße Via Conciliazione füllen. Kurz zuvor waren Staats- und Regierungschef sowie Monarchen aus der ganzen Welt eingetroffen: aus Deutschland unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Noch-Kanzler Olaf Scholz (SPD), aus Argentinien, Franziskus’ Heimatland, Präsident Javier Milei, aus den USA Präsident Donald Trump.

Dieser hatte vor der Trauerfeier tatsächlich – wie vorher spekuliert worden war – mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Petersdom eine kurze Unterhaltung unter vier Augen. Fotos gibt es auch von einem Gespräch zwischen den beiden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie dem britischen Premier Keir Stamer.

Doch im Mittelpunkt steht an diesem Tag nur einer: Papst Franziskus. Im Laufe seines 12-jährigen Pontifikats hatte Jorge Mario Bergoglio, wie Franziskus gebürtig hieß, auf dem Platz vor dem Petersdom bleibende Momente hinterlassen. „Auf diesem majestätischen Petersplatz sind wir nun traurigen Herzens im Gebet um seine sterblichen Überreste versammelt“, leitet Kardinal Giovanni Battista Re seine starke und einfühlsame Predigt ein.

In seiner etwa zehnminütigen Würdigung des Papstes stellt Re vor allem die Nähe von Franziskus zu den Menschen in den Mittelpunkt. „Die überwältigende Zuneigung und Anteilnahme, die wir in den letzten Tagen nach seinem Tod erlebt haben, zeigt uns, wie sehr das ereignisreiche Pontifikat von Papst Franziskus den Geist und die Herzen der Menschen berührt hat“, sagt Re. In einem einfachen Satz fasst Re das zusammen, wofür Franziskus für viele steht, auf dem Petersplatz, aber auch weltweit: „Er war ein Papst, der mitten unter den Menschen war und für alle ein offenes Herz hatte.“

Elisa Petrone sagt über die Bedeutung, die Papst Franziskus für sie hat: „Er wollte die Kirche verändern. Und das ist gerade für uns junge Menschen wichtig, weil viele Konzepte doch sehr veraltet sind.“ Franziskus habe sich zum Beispiel für die Umwelt und den Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt. „Er hat uns gehört und verstanden“, sagt die junge Frau.

Ursprünglich war Elisa mit ihren Freunden zur Wallfahrt der Teenager aus Anlass des Heiligen Jahres nach Rom gekommen, die an diesem Wochenende stattfindet. Dass sie in dieser Zeit der Beerdigung des Papstes beiwohnen würden, damit hätten sie und ihre Freunde bei der Planung ihrer Reise im Januar nie gerechnet. Doch sie sind froh, bei diesem historischen Ereignis dabei zu sein.

Nicht nur auf dem Petersplatz und in der anschließenden Via della Conciliazione versammeln sich die Gläubigen an diesem Samstag, um vom Papst Abschied zu nehmen. Auch die Straßen im Zentrum von Rom, durch die der Sarg mit dem Kirchenoberhaupt nach der Trauerfeier in Richtung der Basilika Santa Maria Maggiore gefahren wird, säumen noch einmal rund 150.000 Menschen. In einem umgebauten weißen Papamobil wird der Sarg ohne Blumenschmuck oder sonstige Dekoration zu seiner letzten Ruhestätte gefahren. Immer wieder brandet Applaus auf, sobald das Papamobil in Sichtweite kommt.

Und auch vor der Basilika, in der Franziskus auf eigenen Wunsch beigesetzt wird, liegt der Fokus auf der Nähe, die der Verstorbene zu den Menschen unterschiedlichster Couleur gesucht hat. Eine Gruppe von Armen und Benachteiligen, Transgender-Personen und Insassen des römischen Gefängnisses Rebibbia erwarten den Sarg des Papstes am Eingang zu Santa Maria Maggiore. Sie alle konnten Franziskus zu dessen Lebzeiten kennenlernen – für sie hat er sich Zeit genommen, sie lagen ihm am Herzen. Und er ihnen.