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Ein Gespräch im Internet

Clubhouse heißt eine neue App für Handys. Dort spricht man mit anderen. Ein Selbstversuch.

Ich gehöre zu den Menschen, die technische Neuerungen gern ausprobieren. Und so wollte ich es auch testen. Um es vorwegzunehmen: Gleich zu Beginn sind zwei Hürden zu überwinden. Die App funktioniert bisher nur auf iPhones, den Handys der Firma Apple. Und man braucht eine Einladung von jemandem, der schon dabei ist. Nur dann kann man Clubhouse betreten.

Jeder und jede kann mitreden

Ein iPhone habe ich zur Verfügung, und das mit der Einladung war schnell organisiert. Am 21. Januar legte ich also los. Wie die App funktioniert, ist schnell beschrieben. Wer Lust hat, eröffnet einen sogenannten „Raum“, nennt ein bestimmtes Thema und spricht mit anderen, die auch in den Raum kommen. Alles läuft nur über das Hören, keine Videos, keine Texte. Ein bisschen wie Radio oder Podcast.

Der große Unterschied: Jeder und jede kann mitreden. Will ich etwas zum Thema beitragen, hebe ich meine virtuelle Hand und kann dann sprechen und diskutieren – einfach über die eingebauten Lautsprecher und das Mikrofon des Handys. Es ist keinerlei weitere Technik nötig. Es wird auch nichts gespeichert. Wenn der Talk vorbei ist, ist er weg. Es bleiben nur Erinnerungen. Die finden allerdings im Zweifelsfall ganz schnell auch ihren Weg in andere Medien. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow etwa gab auf Clubhouse zu, dass er in langen Corona-Sitzungen manchmal auf dem Handy spielt und die Kanzlerin „Merkelchen“ nennt. Das blieb nicht lange geheim.

Clubhouse ist eine Wundertüte. Ich kann etwas über Aktien lernen, mich über Bewerbungsgespräche informieren und über Rassismus oder den „Wert der Musik“ diskutieren. Sogar ein Ruheraum ist dabei. Wer ihn betritt, lässt sein Mikro aus, und es ist still. Mehrere hundert Nutzerinnen und Nutzer befinden sich zeitweise in diesem Raum.

Mittlerweile haben sich etwa vier Millionen Menschen bei Clubhouse angemeldet. Es gibt Angebote in allen Sprachen und zu sämtlichen Themen. Jeder Beruf, jedes Hobby, jede Religion wird behandelt. Es wird über Ketchup-Sorten genauso diskutiert wie über den Klimawandel oder Beziehungsfragen. Mein erster Eindruck: Die Gespräche laufen gesittet ab, die Leute sind höflich, lassen einander ausreden, hören zu. Das ist wohltuend.

Eine Chance für die Kirche?

Schnell wollte ich selbst einmal ein Gespräch starten. „Kirche und Clubhouse“, so das Themas meines ersten Versuchs. Um die 50 Menschen kamen dazu, und wir haben lebhaft diskutiert: Ist diese neue App auch eine Chance für die Kirche? Auf diese Frage kann es allerdings noch keine Antwort geben. Zu frisch die Eindrücke, zu neu der ganze Wirbel um Clubhouse.

Klar ist jedoch: Das Angebot hat seine Schattenseiten. Die App ist nicht barrierefrei. Gehörlose etwa können nicht mitmachen. Und erst vor wenigen Tagen gab es wegen „gravierender Mängel beim Datenschutz“ eine Abmahnung durch die „Verbraucherschutz-Bundeszentrale“. Das alles hält Millionen von Menschen jedoch nicht davon ab, sich „Gute-Nacht-Geschichten“ anzuhören oder mit Elon Musk zu sprechen, dem derzeit reichsten Menschen der Welt.

Ich selbst habe innerhalb von knapp zwei Wochen an etwa zehn Gesprächsrunden teilgenommen und mich dabei auch ein paar Mal zu Wort gemeldet. Drei Räume habe ich selbst eröffnet und moderiert. Und ich muss zugeben: Es fasziniert mich. Weil es so einfach ist. Weil es lehrreich und zuweilen lustig ist. Die kritischen Punkte sehe ich aber auch. Erst mit der Zeit wird sich herausstellen, ob sich der Rummel um Clubhouse legt oder ob es den Internet-Alltag prägen wird wie Facebook, YouTube oder Google. Und ob es geeignet ist für Verkündigung, Seelsorge oder Gebet.