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Ein Erlebnis für beide Seiten

Wie lange darf das Enkelkind im Urlaub aufbleiben? Wie gehen Großeltern mit Heimweh um? Welche Fürsorgepflichten gibt es? Mit der richtigen Vorbereitung steht einem Großeltern-Enkel-Urlaub nichts im Wege

Holger Luck - Fotolia

Urlaub mit den Enkeln – eine schöne Gelegenheit, gemeinsam die Welt kennenzulernen, die Beziehung zu stärken und sich „zu genießen“. Nicht selten entlastet ein Urlaub mit oder bei den Großeltern auch die Eltern. Denn für die ist es oft schwierig, während der langen Sommerferien eine gute Kinderbetreuung zu finden.
Wenn Großeltern die Kinder in den Ferien nicht zu sich nach Hause einladen, sondern mit ihnen verreisen, sollten sie zunächst gut überlegen, welche Unterkunft sie wählen und wie viel „Action“ sie um sich herum mögen. „Familienfreundliche Hotels sind häufig eher auf Eltern und Kinder als auf Großeltern mit Enkeln eingestellt.

Toll, wenn gemeinsame Interessen jung halten

Oft ist eine Ferienwohnung unkomplizierter und ruhiger“, weiß Stefan Lode vom Internetportal „Großeltern.de“.
Almuth und Gerd Nölling (Namen geändert), beide 73, sorgen schon seit mehreren Jahren dafür, dass die beiden Enkelsöhne Axel (12) und Sören (9) in den Sommerferien einen „Tapetenwechsel“ erleben. Denn bei deren Eltern fällt diese Zeit in die berufliche Hochsaison und an einen gemeinsamen Familienurlaub ist nicht zu denken. Die Großeltern, die nur ein paar Häuser weiter wohnen, genießen es, in ihrem Ruhestand mit den Enkeln unterwegs zu sein.
Anfangs nahmen sie nur den „Großen“ mit in die Berge, aber seit sich auch der „Kleine“ als wanderfreudig und ausdauernd erwiesen hat, sind sie zwei Wochen lang als Quartett in den Bergen unterwegs. „Der Kontakt und der Umgang mit den Enkelkindern hält uns fit“, sind sich die Großeltern einig.
Aber nicht immer haben Enkel und Großeltern die gleichen Interessen. „Da ist es gut, wenn Großeltern – womöglich gemeinsam mit älteren Enkelkindern – schon vor Reisebeginn Informationen sammeln, was man am Urlaubsort unternehmen kann. So findet man am ehesten Aktivitäten, die allen Spaß machen“, erklärt Ursula Lenz, Pressereferentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO).
Großeltern sollten aber keinesfalls für jeden Tag ein festes Programm planen. „Kinder können sich durchaus auch selbst beschäftigen und haben vielleicht Lust, mit anderen Kindern zu spielen“, weiß Stefan Lode. Ein bisschen Verwöhnen gehört natürlich auch zum Urlaub: Die Angst, Kinder würden zu Hause später einfordern, was im Urlaub als „Ausnahme“ erlaubt war, hält Lode für unbegründet: „Kinder können unterscheiden, was zuhause und was bei den Großeltern geht und was nicht.“ Dennoch empfiehlt er, vor Urlaubsantritt Absprachen mit den Eltern zu treffen: Wie sieht es mit den Schlafens- und bei den Älteren mit abendlichen Ausgehzeiten aus? Wie mit Taschengeld, Süßigkeiten oder Fernsehen? Bei allem Verständnis dafür, dass Großeltern die Enkel verwöhnen möchten, sollte auch im Urlaub nichts erlaubt werden, was bei den Eltern absolut tabu ist.
Auch die Frage nach dem Geld sollte vor Reiseantritt geregelt sein. Bei Axel und Sören zahlen die Großeltern Verpflegung, Fahrt und das, was für die kleinen Luxus-Urlaubsfreuden wie Eintritte oder Minigolf anfällt. Für die Kosten fürs Quartier kommen die Eltern auf.
Die Frage, ab wann ein Enkelkind alt genug ist, um ohne die Eltern mit den Großeltern zu verreisen, lässt sich nicht generell beantworten. Ein wichtiges Kriterium ist sicher, wie gewohnt sie schon vor dem Urlaub miteinander umgehen. Wenn die Großeltern, die weiter weg wohnen, vor Reiseantritt ein oder zwei Tage bei Kindern und Enkeln zu Gast sind, stärkt das die Vertrautheit.
Ein Reiseziel in nicht allzu großer Entfernung sorgt dafür, dass bei wirklich unstillbaren Heimwehattacken schnell ein Wiedersehen mit den Eltern möglich ist. Auf den Vorschlag, Heimweh durch häufiges Telefonieren zu lindern, reagiert Stefan Lode skeptisch. „Das vertieft den Schmerz womöglich. Auf keinen Fall vor dem Einschlafen telefonieren, sondern am Morgen, wenn der Tag Überraschungen birgt“, rät er.
„Wir haben gute Erfahrung mit einem Probewochenende im Wohnwagen gemacht, ehe wir zwei Wochen gemeinsam mit unserer dreijährigen Lena in Urlaub gefahren sind“, berichten Renate und Werner Sendker, die ihre Enkelin samt Kuscheltier und Gute-Nacht-Ritual vom wöchentlichen Oma-Opa-Tag bereits gut kannten. Stefan Lode rät, den Zeitpunkt für den ersten gemeinsamen Urlaub davon abhängig zu machen, wie vertraut Enkel und Großeltern miteinander sind. Wo man sich regelmäßig sieht, ist das schon mit drei Jahren möglich.
Beim Urlaub mit Teenager-Enkeln sind Dauer und Art der Mediennutzung oft ein Konfliktthema. „Treffen Sie möglichst vor dem gemeinsamen Urlaub eine Regelung und fordern Sie deren Einhaltung ruhig ein. Machen Sie sich aber auch klar, dass die Enkelgeneration Medien anders nutzt als die Großelterngeneration“, so Stefan Lode.

Nutzung von Medien vorher absprechen

Auch Großeltern haben im Urlaub das Recht, zu sagen, wenn es sie stört, dass ständig das Smartphone eingeschaltet ist. Und wer weiß, womöglich lernen Großeltern sogar in Sachen Smartphone spielerisch von den Enkeln, während diese entdecken, dass gemeinsames Spielen oder Lesen keineswegs „langweilig“ ist.
Für die Dauer der Reise befinden sich die Kinder in der Obhut der Großeltern, die in dieser Zeit auch die Erziehungs- und Fürsorgepflichten übernehmen. Der Hamburger Rechtsanwalt Christian Remy empfielt deshalb eine elterliche Vollmacht zur Erteilung des Erziehungsauftrages. So ist sichergestellt, dass die Großeltern im Notfall medizinische Entscheidungen für das Kind treffen dürfen und dass die Ärzte ihnen Auskunft geben. Solche Vollmachen können formlos selbst erstellt werden.
Ansonsten gilt: Allzu große Besorgnis zu Hause lassen und sich entspannt, tolerant und ohne übersteigerte Erwartungen dem Reiseabenteuer hingeben. Locker sein macht stark. Dann kann ein gemeinsamer Urlaub von Großeltern und Enkeln zu einem Erlebnis für beide Seiten werden.KNA