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Echt jetzt?

War das Grab leer oder nicht? Wäre doch schön, wenn wir darauf eine Antwort geben könnten.

Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.

Diese beiden Sätze sind ein uraltes Glaubensbekenntnis und untrennbar mit dem Osterfest verbunden. Jemand spricht den ersten Satz – und alle stimmen ein. Das Wort „wahrhaftig“ ist wie ein Siegel, das das gemeinsame Bekenntnis bestätigt und bekräftigt. Seit Jahrhunderten wird das zu Ostern so gemacht.

Nur: Wie halten es die Christinnen und Christen mit der Wahrhaftigkeit? Wie „wahr“ ist es für sie, das Christus auferstanden ist?

Hört man sich zu Ostern um – sei es in Predigten, Online-Foren oder Gesprächen zwischen Tür und Angel –, so fällt eine Sache auf: Die Frage „War das Grab leer?“ spielt dabei oft eine erstaunlich geringe Rolle.

Dabei ist es doch das Natürlichste der Welt, dass Menschen diese Frage stellen. Jemand erzählt dir: „Da ist einer gestorben; und der ist aus dem Grab zurückgekommen!“ Darauf gibt es nur eine einzige mögliche Reaktion: „Echt jetzt?“ Zurück aus dem Tod, das widerspricht so sehr aller menschlichen Erfahrung, dass man so etwas erst einmal gar nicht glauben kann.

Also: Echt jetzt?

Darauf könnte man nun antworten: Ja. Nein. Vielleicht. Weiß ich nicht. Bei all diesen Antworten würden die Menschen zuhören, staunen. Weitere Fragen stellen. Vielleicht Fragen wie: „Seid Ihr bekloppt?“ Aber sie würden Fragen stellen.

Stattdessen hört man in den Kirchen zu Ostern oft Sätze wie: Im Bild vom leeren Grab finden unsere Ängste Hoffnung und Halt; der Tod hat nicht das letzte Wort; die Auferstehung findet schon statt, hier und jetzt.

Das alles mag völlig richtig sein. Für Menschen, die das entsprechende Hintergrundwissen mitbringen. Es mag sie aufbauen und ihnen Kraft geben. Wenn sie diese Art der Sprache gewöhnt sind. Wie ein Lied, dessen Klang vertraut ist, von Jugend an. Und dessen Worte auf poetisch-geheimnisvolle Weise an Herz und Seele rühren, auch wenn sie die selbst nie so sagen würden. Das passiert zuhauf in unseren Ostergottesdiensten. Und für viele ist das gut und hilfreich.

Wer aber diese Sprache, diesen speziellen Sound der österlichen Rede nicht gewohnt ist, für den (oder die) kann das schnell verstörend sein: Was erzählen die mir denn da? War das Grab nun leer, oder war es das nicht? Und dann schalten sie ab.

Es gäbe ja Antworten darauf. Paulus: „Ja klar war das Grab leer! Sonst ergibt doch unser Glaube überhaupt keinen Sinn.“ Rudolf Bultmann und viele andere Theologinnen und Theologen: „Naja, leer war das Grab wohl nicht. Die Auferstehung ist symbolisch zu verstehen. Aber auch das ergibt Sinn; ich erkläre es dir jetzt mal.“

Mut zu klaren Antworten. Auch, wenn die anecken. Das sind wir den Menschen schuldig. Gerade, wenn es um die Auferstehung geht.

Meine Antwort: Ja, ich glaube an das leere Grab und die Auferstehung. Ich kann es nicht beweisen. Aber ich halte daran fest, auch daran, dass auch wir auferstehen werden.

Das muss man nicht so sehen. Aber mir gibt es Hoffnung, Trost und Kraft. Wenn ich Angst habe und schwach bin. Ob Corona, Lockdown oder der Tod meiner Mutter oder mein eigener; ob die Krankheit eines Freundes oder das Leid der ganzen Welt: Wir werden auferstehen. Alles wird gut.

Er ist wahrhaftig auferstanden: Wie schön wäre es, wenn wir diesen Satz einander nicht nur zurufen könnten. Sondern uns selbst und den Mitmenschen Rechenschaft geben könnten, was wir damit eigentlich meinen.