Ein Forschungsprojekt macht die Dokumente der Nürnberger Nachfolgeprozesse aus den Jahren 1946 bis 1949 digital zugänglich. Im Gegensatz zu den Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs vor einem Internationalen Gerichtshof wurden diese Verfahren ausschließlich vor amerikanischen Militärgerichten verhandelt, wie die Bayerische Akademie der Wissenschaften (BAdW) am Freitag mitteilte. In zwölf Prozessen waren 185 hochrangige Juristen, Mediziner, Industrielle, SS- und Polizeiführer, Militärs, Beamte und Diplomaten angeklagt.
Dabei entstanden demnach etwa 2,5 Millionen Blatt Prozessakten, die im Staatsarchiv Nürnberg verwahrt werden: Aussagen von Zeugen, Anklageschriften, stenografische Protokolle, Verteidigungsdokumente, Vernehmungsprotokolle und weitere amtliche und private Dokumente. Die BAdW, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns machen diese Unterlagen mit dem Projekt „Digital Nuremberg Military Tribunals“ (DigiNMT) vollständig digital zugänglich. Ziel sei es, die Prozessakten, die wegen schlechter Papierqualität in ihrem Erhalt bedroht sind, strukturiert zu erschließen und auf einer interaktiven Plattform weltweit zur Verfügung zu stellen.
Die Akten sollen in drei Erschließungsstufen aufbereitet werden: von der Digitalisierung über die Verschlagwortung bis hin zur zweisprachigen Kommentierung. Mithilfe von KI-basierten Analysen sollen neue Erkenntnisse zu biografischen Netzwerken, juristischen Zurechnungsmodellen und den dynamischen Prozessen der Nachkriegsjustiz gewonnen werden.