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Dieses Mal geht es um mehr als den Goldenen Blumentopf

„Mit guter Literatur erschließt man sich neue Welten“, sagt Uli Rothfuss. „Man lernt aus den Erfahrungen anderer.“ Der Schriftsteller und Präses des 1644 gegründeten Nürnberger Vereins Pegnesischer Blumenorden ist schon qua Amt ein Förderer der Dichtkunst und der deutschen Sprache. Als Professor an der Akademie Faber-Castell nutzt er seine Möglichkeiten, um in Semesterprojekten seine Designstudenten für Sprache und Literatur zu begeistern. Viele läsen nach dem Abitur nicht mal mehr Zeitung. „Aber dann springt in den Projekten der Funke über, und sie knien sich mit eigenen Texten richtig in die Aufgabe rein.“

Doch die Sprach- und Literaturgesellschaft Pegnesischer Blumenorden mit einer fast 400-jährigen Tradition hat ein Problem: In der breiten Öffentlichkeit ist er fast schon in Vergessenheit geraten. Manch ein Nürnberger denkt beim Blumenorden eher an eine Faschingsgesellschaft. Andere verwechseln pegnesisch mit pekinesisch und assoziieren das fernöstliche Reich der Mitte mit dem Begriff – anstatt die durch Nürnberg fließende Pegnitz. Auch Rothfuss ist sich dieser Situation bewusst: „In der Allgemeinheit sind wir nicht so bekannt.“

Dabei gibt es für die Nürnberger sogar einen Ort, an dem sie dem Blumenorden begegnen können. Vor den Toren Nürnbergs findet sich für Spaziergänger oder Kräutersammler das zauberhafte Wäldchen Irrhain. Dieses Wäldchen erhielt der Blumenorden schon im Jahr 1681 „zum ewigen Lehen“, also zur dauerhaften Nutzung. Dieser Ort ist für den Verein eine Inspirationsquelle poetischen Schaffens mit einer kleinen Vereinshütte. Dort findet unter anderem der alljährliche Wettbewerb um die Auszeichnung „Goldener Blumentopf“ statt, der literarische Qualität und Vortragsleistung von Autoren bewertet. Bei den anstehenden „Stadt(ver)führungen“ der Stadt Nürnberg will der Blumenorden Neugierige auch in den Irrhain locken.

Viel mehr Bekanntheit verspricht sich der Verein von seinem anderen Projekt. Er will Immaterielles Kulturerbe werden. Vereinskollege Michael Waschk brachte die Idee ein, um dadurch die lebendigen Vereinstraditionen des Blumenordens zu adeln. Immerhin kann die Sprach- und Literaturgesellschaft auf eine ununterbrochene Geschichte seit der Barockzeit zurückblicken. „Damit ist sie deutschlandweit einzigartig“, sagt er.

Für den bürokratischen Aufwand hat der Blumenorden eine eigene Arbeitsgemeinschaft gegründet, um in einem ersten Schritt Immaterielles Kulturerbe Bayern zu werden. Der darauffolgende Schritt wäre die bundesweite Anerkennung. „Das schaffen wir auf jeden Fall“, ist sich Rothfuss sicher. Er schaut aber mit Waschk noch weiter in die Zukunft. „Der Titel UNESCO-Weltkulturerbe ist ein Lebensprojekt.“

Seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges habe die Dichtergesellschaft alle gesellschaftlichen Verwerfungen der letzten Jahrhunderte überlebt, sagt Rothfuss. „Wir stehen einerseits für Besinnung auf Herkunft und Tradition, andererseits für Achtung von Vielfalt und Toleranz in einer Gemeinschaft gleichermaßen interessierter an Sprache und Literatur.“ Dafür stand auch schon der einstige Gründer des Pegnesischen Blumenordens, der Nürnberger Gelehrte Georg Philipp Harsdörffer. Er sorgte unter anderem dafür, dass damalige Fremdwörter, wie Universität oder Orthografie, als Hochschule oder Rechtschreibung eingedeutscht wurden.

„Die Chancen stehen für den Blumenorden nicht schlecht, er hat mindestens in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal“, kommentiert Knut Engelbrecht, Kulturreferent der benachbarten Stadt Schwabach, den Plan zum Immateriellen Kulturerbe. Er hat bereits das Goldschlägerhandwerk, für das Schwabach seit dem 16. Jahrhundert berühmt ist, als Immaterielles Kulturerbe im Freistaat durchgesetzt. Es wurde in diesem Jahr offiziell anerkannt. Damit schärfe die Stadt ihr Profil, meint er. Kulturreferent Engelbrecht verspricht sich nun auch mehr interne Finanzmittel von der Stadtverwaltung, von außerhalb könnten Gelder von Förderern und Sponsoren kommen.

Den Gedanken an einen Geldsegen lehnt Rothfuss für sein Vorhaben aber ab: „Der Status des Pegnesischen Blumenordens als immaterielles Kulturerbe ist völlig unabhängig von eventuellem Profitdenken, sonst sollten wir es lassen.“ (00/2814/20.09.2024)