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Die Zeit zwischen den Päpsten

Die Papstnachfolge und die Spekulationen darüber ist der berühmte Blick in die Glaskugel. Ein Gastbeitrag von Pfarrer Martin Bräuer vom Konfessionskundlichen Institut in Bensheim.

In der Zeit der Generalkongregation sind viele Kardinäle in Rom unterwegs, um Gespräche zu führen
In der Zeit der Generalkongregation sind viele Kardinäle in Rom unterwegs, um Gespräche zu führenimago / ABACAPRESS

Die Situation nach dem Tod von Papst Franziskus erinnert ein wenig an die Situation nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. am 3. Juni 1963. Auch er war ein sehr beliebter und menschlicher Papst, der Reformen in der katholischen Kirche angestoßen hatte. Ihm folgte der Mailänder Kardinal Giovanni Battista Montini nach, der als Papst Paul VI. das Konzil fortsetzte und beendete und seine Impulse umsetzte. Papst Franziskus fühlte sich diesem Papst, den er 2014 selig- und 2018 heiligsprach, besonders verbunden.

Das Erbe von Papst Franziskus

2025 geht es auch um die Frage, wie mit dem Erbe von Papst Franziskus umgegangen werden soll. Viele Baustellen sind noch offen. Wird der Nachfolger durch die von Papst Franziskus geöffneten Türen schreiten oder diese wieder schließen – man denke nur an das Projekt der synodalen Kirche oder an die Kurienreform, die erstmalig generell Laien – und damit Frauen – die Leitung zentraler Behörden der Kirchenverwaltung ermöglichte? Wie wird man die umwelt- und sozialpolitischen Impulse des verstorbenen Papstes weiterverfolgen?

Deshalb ist die Zeit zwischen dem Tod eines Papstes und der Wahl seines Nachfolgers äußerst spannend. In dieser „Sedisvakanz“ genannten Zeit übernimmt das Kardinalskollegium vorübergehend die Regierung der Weltkirche, trifft jedoch keine grundlegenden Entscheidungen. Das Kardinalskollegium trifft sich täglich zu den sogenannten „Generalkongregationen“, an denen auch die nicht mehr wahlberechtigten Kardinäle teilnehmen und dort ein Rede- und Stimmrecht haben.

Offiziell finden keine Personaldebatten statt

Die Versammlungen haben bereits kurz nach dem Tod von Papst Franziskus mit den bereits in Rom anwesenden Kardinälen begonnen. Sie legten den Termin der Beisetzung fest sowie den Termin für den Beginn des Konklaves. Die einzelnen vormittäglichen Sitzungen werden vom Kardinaldekan Giovanni Battista Re geleitet, sie lassen das beendete Pontifikat Revue passieren, beraten die aktuelle Lage der Kirche und ihre anstehenden Herausforderungen.

Diese Treffen dienen weiter dem gegenseitigen Kennenlernen, da viele Kardinäle einander bisher kaum oder noch nie begegnet sind. In diesen Beratungen wird auch an dem Profil gearbeitet, welches ein zukünftiger Papst haben sollte. Offiziell finden keine Personaldebatten statt. Diese finden eher am Rande der Generalkongregationen sowie bei eigenen Treffen an Orten außerhalb des Vatikans statt. Dort tauschen sich die Kardinäle in kleinen Gruppen über mögliche Kandidaten aus. Ebenfalls werden dort mögliche Mehrheitsverhältnisse und Abstimmungsverläufe beraten.

Jüngster Wahlkardinal ist 45 Jahre alt

Nach der letzten Generalkongregation und einer feierlichen Messe im Petersdom mit allen Kardinälen beginnt am 7. Mai die eigentliche Konklave. Nur die wahlberechtigten Kardinäle begeben sich dann in die Sixtinische Kapelle. Wahlberechtigt sind dort jene, die am Beginn der Sedisvakanz noch nicht das 80. Lebensjahr vollendet haben, derzeit 135 Geistliche. Unter diesen Wahlkardinälen werden 108 von Papst Franziskus kreierte Kardinäle zum ersten Mal in einem Konklave dabei sein. 5 Wahlkardinäle wurden von Johannes Paul II. und 21 von Benedikt XVI. kreiert. Der älteste Wahlkardinal wird am 16. Mai 80 Jahre, der jüngste Wahlkardinal ist 45 Jahre.

Kann man hinter Papst Franziskus zurückkehren?

Wer also wird der Nachfolger von Papst Franziskus? Wird es jemand, der dessen Grundlinien, etwa zu den Themen Armut, Krieg, soziale Gerechtigkeit und Umwelt weiterführt? Dies sind vor allem die Fragen des globalen Südens, wo die Mehrheit der Katholiken mittlerweile lebt. Franziskus hat viele Türen geöffnet und auch viele Fragen zugelassen, die unter seinen Vorgängern nicht diskutiert werden konnten, ohne befürchten zu müssen, dass man gemaßregelt wurde. Wird es weiter diese offene Diskussionskultur geben?

Während sich einige Kardinäle dahingehend positionieren, dass nun wieder zu mehr theologischer und doktrineller Klarheit zurückgekehrt werden müsse, scheinen viele Kardinäle der Ansicht zu sein, dass man einerseits hinter Papst Franziskus nicht mehr zurückkehren kann, aber ein Papst gebraucht wird, der seine Initiativen verstetigt und in kirchenrechtliche Formen gießt. Einer, der mit den teilweise sehr gegensätzlichen Gruppierungen reden und diese zusammenführen und zusammenhalten kann.

Blick in die Glaskugel

Es ist der Blick in die berühmte Glaskugel, wollte man schon jetzt vorhersagen, wie lange das Konklave dauern wird und auf wen es sich einigt. Auch wenn in den Medien einige Favoriten gehandelt werden – vor Überraschungen ist man nicht gefeit. 2013 hatten nur die wenigsten mit der Wahl von Papst Franziskus gerechnet. Man darf also gespannt sein.