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Die neuen Kardinäle kommen nicht nur von den Rändern

21 neue Kardinäle wird die katholische Kirche am 8. Dezember haben. Die Namen hat Papst Franziskus am Sonntag bekanntgegeben. Nicht nur der Zeitpunkt war unerwartet.

Wieder einmal hat Papst Franziskus allen Nörglern und Kritikern in der Kirche gezeigt, wer der Chef ist. Inmitten einer holprig begonnenen Weltsynode, umgeben von immer bedrohlicher werdenden Kriegsszenarien im Osten und im Nahen Osten, hat er am Sonntag beim Mittagsgebet plötzlich und unerwartet wichtige Personalentscheidungen verkündet. Die Namen von 21 neuen Kardinälen gab er quasi aus heiterem Himmel bekannt; selbst im Inneren des vatikanischen Apparats wussten nur wenige, dass er damit an diesem Tag um die Ecke kommen würde.

Die Liste der Namen enthält, wie bei Franziskus üblich, manche Überraschungen, von denen einige beinahe skurril wirken. So ernannte er den indischen Geistlichen George Jacob Koovakad (53), der seit einigen Jahren als Reisemarschall des Papstes tätig ist, ebenso zum Kardinal wie Rolandas Makrickas (54) aus Litauen, der des Papstes Lieblingskirche in Rom leitet, die Basilika Santa Maria Maggiore. Für viele unerwartet kommt auch die Kardinalswürde für den italienischen Migrations-Experten Fabio Baggio (59), der in der vatikanischen Sozial- und Entwicklungsbehörde den Rang eines Untersekretärs bekleidet.

Einer der jüngsten je ernannten Kardinäle ist der für die in und um Melbourne (Australien) lebenden Exil-Ukrainer zuständige Bischof Mykola Bychok (44). Er könnte allerdings später einmal eine wichtige Rolle im ukrainischen Mutterland übernehmen und damit für den Papst ein wichtiger Verbündeter werden. Sicher zu den ältesten jemals ernannten Kardinälen gehört dagegen der schon lange pensionierte Vatikandiplomat Angelo Acerbi (99).

Eher erwartbar waren die Neuernennungen für Lateinamerika, Afrika und Asien. Dass wichtige Hauptstadt-Bischofssitze wie Lima in Peru, Santiago de Chile, Tokyo oder Abidjan (Elfenbeinküste) von Kardinälen geleitet werden, ist inzwischen schon fast erwartbar.

Weniger berechenbar verhält sich der Papst in Europa. Hier hat er mit Erzbischof Ladislav Nemet, dem Hirten der 20.000 Katholiken in Serbiens Hauptstadt Belgrad, nicht gerade ein kirchenpolitisches Schwergewicht unter den Bischöfen Ost- und Südosteuropas zum Kardinal befördert.

Eher “logische” Ernennungen gab es hingegen diesmal in Italien: Die Industriemetropole Turin hat mit Erzbischof Roberto Repole wieder einen Kardinal. Und in seinem eigenen Bistum Rom hat der Papst ebenfalls wieder die traditionellen Verhältnisse hergestellt: Sein faktischer Stellvertreter für die Leitung des zweitgrößten italienischen Bistums hat nun ebenfalls wieder ein Kardinal inne: Der Papst beförderte den bislang nur provisorisch eingesetzten “Regenten” Baldassare Reina mit sofortiger Wirkung zu seinem Generalvikar für das Bistum Rom. Dort kann er nun, wie viele seiner Vorgänger, als “Kardinalvikar” alles regeln – freilich unter der Aufsicht des Papstes als eigentlichem Bischof.

Etliche der neu ernannten Kardinäle nehmen derzeit auch an der Weltsynode in Rom teil – wo sie freilich noch nicht in Rot gekleidet sind und auch noch nicht mit “Eminenz” angeredet werden. Das bekannteste Gesicht in der künftigen Kardinalsriege hat freilich auch so schon eine eminent wichtige Rolle bei der vierwöchigen Versammlung zum Thema synodale Kirchenreform übernommen: Der englische Dominikanerpater Timothy Radcliffe (79). Als geistlicher Begleiter der Synode ist er schon längst einer der wichtigsten Impulsgeber dort – und daran wird der neue Titel kaum etwas ändern.