Wenn ab 1855 im Pariser Palais de l’Industrie der jährliche Salon stattfand, pilgerten Menschenströme dorthin. Die Schauen der Pariser Kunstakademie zeigten in den großen Sälen Tausende Werke, dicht an dicht bis unter die Decke gehängt. Was dort zu sehen war, entschied eine politisch gesteuerte Jury. Doch in den 1870er Jahren befreiten sich Künstler aus dem Korsett der staatlich gelenkten Salons und veranstalteten eigene Ausstellungen: Eine Revolution in der Kunst, die eng verknüpft war mit der Entstehung des Impressionismus.
150 Jahre nach der ersten selbst organisierten Gruppenausstellung der Impressionisten am 15. April 1874 zeichnet das Wallraf-Richartz-Museum den Weg zu diesem geschichtsträchtigen Ereignis nach. Die Ausstellung „1863 – Paris – 1874: Revolution in der Kunst. Vom Salon zum Impressionismus“, die bis zum 28. Juli zu sehen ist, thematisiert die revolutionären Entwicklungen im Pariser Kunst- und Ausstellungsbetrieb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gezeigt werden insgesamt 81 Werke, darunter Gemälde von Paul Cézanne, Paul Gauguin, Claude Monet, Édouard Manet, Berthe Morisot, Camille Pissaro, Auguste Renoir und Alfred Sisley.
Die Ausstellung zeigt zunächst die Bedingungen, unter denen der Impressionismus entstand. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Kunstbetrieb in Paris staatlich gelenkt. Kaiser Napoleon III. (1808-1873) betrachtete die Salons als Instrument politischer Propaganda. Durch die Auswahl der gezeigten Werke sowie Ankäufe und Prämierungen wurden Künstler gezielt gefördert. Beliebt waren Themen mit religiös-moralischem Anspruch oder mythologischem Hintergrund.
Deutlich wird der Stil der Zeit durch Original-Gemälde der damaligen Salons. Darunter etwa „Zwischen Reichtum und Liebe“, ein Werk von William Adolphe Bouguereau (1825-1905), der zeitweise als berühmtester lebender Künstler galt: Eine junge Frau steht zwischen einem alten, reichen Bewerber und einem jungen, aber mittellosen Verehrer. Ein besonderer Erfolg war zum Beispiel auch Alexandre Cabanels großformatiges Gemälde „Geburt der Venus“, das auf dem Salon 1863 gefeiert wurde.
Anfang der 1860er Jahre wurde die Unzufriedenheit der Künstlerschaft mit dem beschränkten Zugang zu den Salons immer größer. Napoleon III. versuchte, den Protest der Künstler zu besänftigen, indem er ihnen 1863 erstmals die Möglichkeit einräumte, ihre abgelehnten Werke in einer separaten Ausstellung zu zeigen, dem „Salon des refusés“ (Salon der Zurückgewiesenen). Anders als erwartet, erhielt die Ausstellung im Schatten des offiziellen Salons positive Kritiken. Unbeabsichtigt liberalisierte der Kaiser damit den Kunstbetrieb.
Die Ausstellung zeigt eine Reihe von abgelehnten Werken, wie etwa „Frauen im Garten“ von Claude Monet. Mit einer Höhe von rund 2,5 Metern zählt es zu den größten Gemälden, die der Künstler zu Beginn seiner Laufbahn malte. Die Salon-Jury lehnte es 1867 ab. Das Bild entsprach möglicherweise nicht den Vorstellungen der Juroren, weil es eine Gartenszene als Momentaufnahme zeigt – ohne eine moralische Bedeutungsebene. Monets Interesse lag augenscheinlich auf den Lichtverhältnissen sowie dem Muster und Faltenwurf der langen Kleider der Frauen.
1874 ging dann eine Gruppe von 30 Avantgarde-Künstlern den nächsten Schritt und organisierte in einem früheren Foto-Atelier erstmals eine eigene Ausstellung, den „Salon der Unabhängigen“. Gezeigt wurden Werke von heute als Impressionisten berühmten Künstlern wie Claude Monet, Paul Cézanne, Auguste Renoir, Edgar Degas oder Berthe Morisot.
Die Kölner Ausstellung zeigt an dieser Stelle keine Originale aus der berühmten Impressionisten-Schau von 1874. Denn diese sind in diesem Jahr in Jubiläumsausstellungen im Pariser Musée d’Orsay und in der National Gallery in Washington zu sehen. Präsentiert werden aber andere Werke der beteiligten Impressionisten aus der Zeit. Gezeigt wird etwa Claude Monets Gemälde „Sommer (Wiese bei Bezons)“, das ebenfalls 1874 entstand. Edgar Degas‘ Tänzerinnen sind ebenso zu sehen wie eine bewegte Hafen-Szene von Berthe Morisot, Wiesen unter einem bewölkten Himmel von Alfred Sisley oder Spaziergänger unter Bäumen von Camille Pissaro.