Geht man einige Meter vom Havelberger Dom in östliche Richtung, kommt man in einen kleinen Garten, der sich gerade voller Blüten präsentiert – den sogenannten Dekanatsgarten. Erstaunlich ist die Anpflanzung deshalb, weil sie sich in exakt 43,20 Meter Höhe über dem Meeresspiegel befindet. Das ist das Reich von Ellen Gericke.
Die Havelbergerin schaltet und waltet hier seit knapp drei Jahren. Es ihr eine besondere Freude, ihre Liebe zu den blühenden und duftenden Pflanzen mit anderen zu teilen. Die bei Schollene gebürtige Sachsen-Anhaltinerin ist im Alter von 14 Jahren nach Havelberg gekommen und war hier beruflich lange Zeit als Arztsekretärin tätig. Doch das genügte der vielseitig Interessierten nicht. Da gab es die Kirchengemeinde, und hier engagierte sich die Familie ohnehin gern. „Immer, wenn es etwas vorzubereiten gab, war ich dabei, egal, ob Stühle zu rücken, der Tisch zu decken oder Kuchen zu backen waren“, meint Gericke, der man ansieht, dass sie unbeirrt und zielstrebig etwas anpackt.
Die BUGA 2015 brachte den Dekanatsgarten
Und dann war hier der Garten am Dom, der im Zuge der Bundesgartenschau (BUGA) 2015 angelegt worden war. „Bislang war Frau Zombronner dafür verantwortlich, aber sie ist schon etwas älter, sodass sie mir jetzt zur Seite steht und hier nur noch ab und zu hilft.“ Schließlich wollte Ellen Gericke ja schon immer einen Garten haben. Und so kam es, dass die inzwischen 66-Jährige im Herbst 2020 die Verantwortung für das dreieckförmige Gärtchen übernahm. An drei Tagen in der Woche ist die Naturfreundin hier zwischen etwa 40 verschiedenen Pflanzen wie Rosmarin, Thymian, Liebstöckel, Melisse, Oregano, Mutterkraut, Herzgespann, Lorbeer, Immortelle und einer Menge bildschöner Rosen zu finden.
Die meisten Fragen stellen Besucherinnen aus Süddeutschland
Stellen denn die Besucherinnen und Besucher auch Fragen nach biblischen Pflanzen? „Ja, aber eher die Gäste aus Süddeutschland“, sagt die Kräutergärtnerin. Und fügt hinzu: „Der Wein an der Wand macht sich gut – aber das Feigenbäumchen hier in der Mitte trägt in diesem Jahr nur zehn Früchte!“ Und was alle anderen verwertbaren Früchte, Blüten, Kräuter oder das Saatgut angeht: Da die kleine Anlage gepflegt und geschnitten werden muss, verwandelt die Kräuter expertin vieles in Tees, Marme laden, Gelees und Essige, die bei Veranstaltungen im nahen Paradiessaal erworben werden können. „Denn zu Hause mache ich ja grundsätzlich auch alles selbst!“
Der Blick geht runter zu St. Laurentius
Von den begeisterten Besuchern kommt immer ein großes Lob. Aber was bedeutet der Garten der Gärtnerin selbst? „Das ist für mich Erholung, Entspannung und Freude!“, antwortet sie spontan. Was sind ihre Lieblingsblumen? „Das sind alle, die gelb blühen!“ Also alle, die versuchen, das Licht der Sonne in etwas Schönes zu verwandeln. Nicht nur zu dem zauberhaften Gärtchen hat Ellen Gericke eine besondere Beziehung.
Wenn sie eine Pause macht, schaut sie über die Brüstung in die Altstadt hinunter, die von der Stadtkirche St. Laurentius beherrscht wird. „Dort hat mein Schwiegervater Kurt Gericke 40 Jahre als Pfarrer gewirkt, und mein Mann Jörg, der auch Synodaler ist, schaut dort noch immer nach dem Rechten.“ Und was kommt einem dabei unweigerlich in den Sinn? Bei Hebräer 12, 12 steht geschrieben: „Dabei wollen wir nicht nach links oder rechts schauen, sondern allein auf Jesus. Er hat uns den Glauben geschenkt und wird ihn bewahren, bis wir am Ziel sind.
Kerstin Beck ist freie Autorin