Artikel teilen:

Die erste evangelische Publizistin

Argula von Grumbachs Flugschriften erreichten Massenauflagen

Als sich zwölf Pfarrerinnen und Pfarrer aus dem Rheinland und Westfalen vor einiger Zeit per Fahrrad auf die Spuren der Argula von Grumbach begaben, hatten nur wenige diesen Namen schon einmal gehört. Wer war diese Frau mit dem besonderen Namen?

Argula von Grumbach (rechts dargestellt auf einer um 1520 entstandenen Portraitmedaille) wird 1492 in dem kleinen Ort Beratzhausen in Nordbayern geboren.  Sie stammt aus dem bayrischen Adelshaus von Stauff. Im Alter von zehn Jahren schenkt ihr Vater ihr eine deutsche Bibel, die sie mit Begeisterung liest.

Briefwechsel mit Martin Luther

Argula wird eine Anhängerin der Lehre Luthers. Sie gilt als die erste Frau, die geistliche Flugschriften verfasste. Sie scheut sich auch nicht, öffentlich aufzutreten und sich für die Lehre der Reformation einzusetzen. Sie schreibt  Sendbriefe an Kurfürsten, Stadträte, Professoren und steht im Briefwechsel mit Martin Luther. Ihre Schreiben verfasst sie allesamt in deutscher Sprache. Mutig für eine Zeit, in der sich die Gelehrten ausschließlich auf Latein verständigten.
Bekannt wird Argula mit ihrem Brief an die Ingolstädter Professoren im Jahr 1523. Seit einem Jahr war es in Bayern verboten, die Lehren Martin Luthers anzunehmen und zu diskutieren, als an der Universität Ingolstadt der 18-jährige Arsacius Seehofer genau das tut. Man zwingt ihn zum Widerruf und verhaftet ihn. Argula aber  ergreift Partei für den jungen Reformator, verfasst am 7. September 1523 einen Brief an die Universität Ingolstadt und deren Rektor Johannes Eck. Darin untermauert sie ihre Argumentationen mit biblischen Zitaten und fordert die Gelehrten zur Diskussion heraus.
Damit erlangt sie als erste weibliche Flugschriftautorin eine große öffentliche Aufmerksamkeit. Ihre Publikationen werden bis zu 30 000 Mal gedruckt – so hohe Auflagen erreichten sonst nur die Schriften Martin Luthers. Insgesamt verfasst Argula von Grumbach sieben Flugschriften, erhält aber auf keine eine Antwort. Ihr Engagement bleibt dennoch nicht reaktionslos: Ihr Mann wird aus seinem Beruf des Landpflegers in Dietfurt entlassen – mit der Begründung, er habe seine Frau nicht von dem Vorhaben abbringen können.
Die Familie verarmt, die Ehe zwischen der Protestantin Argula und ihrem katholischen Mann Friedrich von Grumbach kriselt. Auch die übrige Familie stellt sich gegen Argula. Und so kommt es, dass sie sich ab 1524 nie mehr öffentlich zu Wort meldet.
Die Geschichte der ersten evangelischen Publizistin leuchtet auf wie ein heller Stern. Aber der helle Stern verlischt schnell wieder – zu ungewöhnlich ist ihr kirchenpolitisches und theologisches Denken für die damalige Zeit.
„Heute, mehr als 500 Jahre später, haben wir Argula von Grumbach und ihre Gedanken wieder aufleben lassen“, sagt Susanne Wolf, Pfarrerin am Gemeinsamen Pastoralkolleg  im Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung der Evangelischen Kirche von Westfalen, die zusammen mit dem Frauenreferat der Evangelischen Kirche von Westfalen die Pilger-Radreise auf den Spuren der ersten evangelischen Schriftstellerin und Reformatorin geplant hat.

Würdigung der Frauen der Reformation

Es war die erste Radpilgerreise auf den Spuren der Reformatorin Argula von Grumbach und sicher nicht die letzte, so die Organisatorinnen. Denn gerade mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 sei die besondere Würdigung von Reformatorinnen entscheidend – besser spät als nie.