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Die Bibel lesen

Woche vom 4. bis 10. Dezember
Sonntag:    Psalm 68, 1-19
Montag:     Jesaja 62, 1-5
Dienstag:     Jesaja 62, 6-12
Mittwoch:     Jesaja 63, 1-6
Donnerstag:     Jesaja 63, 7-16
Freitag:     Jesaja 63, 17–64, 3
Samstag:     Jesaja 64, 4-11

Der zweite Advent wird in der Christenheit von Anfang an auch in seiner übertragenen Bedeutung verstanden: Er will die Augen für die zweite Ankunft Jesu am Ende aller Tage öffnen. Die wird dann – so lautet die Verheißung – in aller Herrlichkeit geschehen und nicht in der Niedrigkeit, wie damals in Bethlehem. Die Erwartung der Endzeit hat die ersten Gemeinden sehr stark geprägt. Mit solchen Gedanken wurden auch die Texte dieser Woche gelesen. Die Botschaft ist einerseits: In Jesus Christus sind diese Verheißungen erfüllt worden. Aber dadurch haben sich die Verheißungen nicht „erledigt“, sondern gehören weiterhin in die Mitte der Gemeinde und der persönlichen Frömmigkeit. Denn dieses „Er ist da!“ wurde zu dem „Es ist vollbracht!“ des Gekreuzigten.
Gott offenbarte sich im Leiden und im Leidenden. Das ereignete sich zwar öffentlich, aber doch auch so, dass sich nur den Glaubenden der Zugang zu di esem Geschehen öffnet. Erst „am Ende“ wird „endlich“ das für alle Augen erfüllt werden, was verheißen ist, und das in Herrlichkeit. Die Christen blieben also weiterhin die Wartenden. Insofern unterschieden sie sich nicht von der Gemeinde des ersten Bundes. Aber es besteht zugleich ein wesentlicher Unterschied, denn seit Golgatha und vor allem seit dem Ostermorgen hat die Hoffnung einen Namen: Jesus ist der Messias, der Christus! Der Kommende ist bereits gekommen und in der Auferstehung ist bereits „endgültige“ Wirklichkeit, worauf frühere Generationen nur hoffen konnten. In dieser Zwischenstellung zwischen „Schon jetzt!“ und „Noch nicht!“ erwiesen sich die Erfahrungen der alten Propheten als unschätzbares Gut.
Kapitel 63 stimmt zunächst noch einmal den Klageton an. Aber Jahwe war und ist einzige Zuflucht in allem, was die Menschen bedrückt. Schon damals ist er „ihr Heiland in aller ihrer Not. Nicht ein Engel und nicht ein Bote, sondern sein ‚Angesicht‘ (die unmittelbare Nähe) half ihnen.“ (63,8f.) Aber er lässt sein Volk auch in die Irre gehen und hindert die Mächtigen nicht.
Kapitel 65 kann man als Antwort Gottes verstehen, fast so wie im Buche Hiob, wo Gott der Sicht des Menschen seine ganz andere Dimension entgegensetzt. Er klagt einerseits die tiefe Verdorbenheit des Volkes an und geißelt die Ungerechtigkeit, die überall herrscht. Er gewährt seinen Auserwählten (65,8ff.) bereits das Neue, das er schafft, den neuen Himmel und die neue Erde. Der erste Schritt dazu geht von Gott aus. Aber der Mensch darf nicht starr bleiben, sondern muss sich dem Heil öffnen.