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Diakonie stellt Abschlussbericht zu Verschickungskindern vor

Die Diakonie in Württemberg hat am Mittwoch ihren Abschlussbericht zum Projekt „Praxis der Kinderverschickung in der Diakonie Württemberg“ vorgestellt. Das Buch trägt den Titel „Alltag der Verschickungskinder. Drei Erholungsheime der Diakonie (1950-1990)“. Dafür hat sich die Kulturwissenschaftlerin Gudrun Silberzahn-Jandt im Auftrag des Diakonischen Werks Württemberg vier Jahre lang mit Erlebnissen von sogenannten Verschickungskindern in den Einrichtungen Haus Hubertus in Scheidegg, Haus Carola in Schönau bei Berchtesgaden und im Bühlhof in Königsfeld beschäftigt.

Nach Silberzahn-Jandts Worten haben viele Kinder und Jugendliche dort Traumatisches erlebt. Zwar sei es nicht Zweck und Absicht gewesen, Kinder zu verletzen, „aber es passierte“. Von den Kindern sei erwartet worden, dass sie sich in allem unterordnen und die Autorität der Erzieherinnen nicht infrage stellen. Besuche der Eltern sei unerwünscht gewesen. In einer Notiz des Hauses Hubertus von 1961 bezeichnete die Hausleitung Elternbesuche als „Plage“. Viele ehemalige Verschickungskinder fragten sich bis heute, warum ausgerechnet sie „verschickt“ wurden.

Kornelius Knapp, Vorstand Sozialpolitik im Diakonischen Werk, sagte zur Motivation für die Studie, man sei das den Kindern und Jugendlichen schuldig, „die in unseren Einrichtungen Freude, aber auch Leid erfahren haben“. Man wolle sichtbar machen, wie die Verschickungspraxis damals war – „eine Praxis, die es heute aus gutem Grund nicht mehr gibt“.

Zwischen Ende der 1940er bis in die 1980er Jahre hinein wurden in der Bundesrepublik rund zwölf Millionen Kinder in Kurheime verschickt. Sie sollten dort gesundheitlich aufgepäppelt werden. Häufig spielten ein zu geringes Gewicht oder Erkrankungen eine Rolle. Zudem konnten sich viele Familien einen Urlaub nicht leisten. Oft wurde der Erfolg der Kur an der Gewichtszunahme gemessen. Doch viele Mädchen und Jungen kehrten traumatisiert zurück. Sie berichteten unter anderem von Essenszwang durch das Pflegepersonal bis zum Erbrechen sowie von harten Strafen wie Schlafentzug oder Ans-Bett-Fesseln. (3131/03.12.2025)