Immer häufiger beschweren sich Leserinnen und Leser beim Presserat über Fehler in journalistischen Texten – oft zurecht. Die Zahl der Rügen stieg im vergangenen Jahr auf ein neues Rekordhoch.
Der Deutsche Presserat hat im vergangenen Jahr so viele Rügen erteilt wie noch nie zuvor. Das gab das Gremium in seinem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht bekannt. Demnach war sowohl die Zahl der Beschwerden als auch die Zahl der erteilten Rügen 2024 höher als im Vorjahr. Die Rüge ist die schärfste Sanktion, die der Presserat verhängen kann.
Verantwortlich für den Anstieg waren nach Angaben von Pressesprecherin Sonja Volkmann-Schluck vor allem Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht. 40 Prozent aller Rügen wurden aus diesem Grund ausgesprochen, vor allem wegen irreführender Überschriften, schwerer sachlicher Fehler und mangelnder Konfrontation bei Verdachtsberichterstattung.
Presseratssprecher Manfred Protze hält diese Entwicklung für bedenklich. Der neue Höchststand bilde noch nicht einmal das Gesamtbild ab, weil der Presserat sich nur mit Fällen beschäftige, die ihm von Leserinnen und Lesern vorgelegt würden: “Das ist alles andere als ein flächendeckender Faktencheck, eher eine Zufallsstichprobe”, so Protze bei einem Pressegespräch zur Vorstellung des Berichts. “Wir sind der Überzeugung, dass Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht einen empfindlichen Bereich der Presse berühren, nämlich die Verlässlichkeit.” Das sei ein Kapital, das schnell verspielt werden könne, und ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für journalistische Medien im Wettbewerb mit Sozialen Netzwerken.
Eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes löste dem Bericht zufolge 2024 die zweitmeisten Rügen aus. 27 Mal wurde unter anderem wegen der Abbildung von Opfern von Gewalttaten ohne Einwilligung der Angehörigen oder wegen der Identifizierbarkeit von Tatverdächtigen gerügt. Darüber hinaus sprach der Presserat 98 Missbilligungen und 133 Hinweise aus. Beides sind weniger scharfe Sanktionen, die das Gremium verhängen kann.
Darüber hinaus debattierte der Presserat im vergangenen Jahr über eine mögliche Anpassung des Pressekodex’ in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht KI-generierter Texte. Letztlich habe man sich dagegen entschieden, berichtete Volkmann-Schluck. “Für die presseethische Bewertung spielt es keine Rolle, mit welchen Hilfsmitteln ein Beitrag erstellt wurde.” Man habe aber die Präambel des Kodex’ angepasst, um auf die Verantwortung der Redaktionen hinzuweisen. Es sei kein Trend erkennbar, dass KI-generierte Texte mehr Fehler enthielten. Das liege möglicherweise aber auch daran, dass diese in vielen Fällen nicht als solche erkennbar seien.
Der Deutsche Presserat ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien und deren Online-Auftritte in Deutschland. Er kontrolliert anhand von Beschwerden aus dem Publikum die Einhaltung ethischer Standards, die im Pressekodex festgehalten sind.