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Der schiefe Kirchturm von Malterdingen

So berühmt wie der Schiefe Turm von Pisa ist der Kirchturm der Evangelischen Jakobskirche in Malterdingen (Kreis Emmendingen) natürlich nicht – und auch nicht so stark geneigt. Trotzdem muss die evangelische Kirchengemeinde dringend handeln, weil der Turm immer weiter absinkt. Dadurch entstünden weitere Risse in der Fassade des Gotteshauses, erläutert Pfarrer Uwe Röskamp dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Kirchturm mit einer Höhe von 43,5 Metern weicht um 46 Zentimeter seitlich ab.

Schon vor zweihundert Jahren sei der zweigeschossige, ehemalige Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert schief gewesen. Trotzdem sei er 1828 um einen Pyramidendachstuhl mit Glocken ergänzt worden, erklärt Röskamp. Dieser war zwar gerade aufgesetzt worden. Allerdings sei der Turm viel zu schwer für den weichen, lehmigen Untergrund.

Auch wenn sich der schiefe Kirchturm nicht aufrichten lässt, kann er zumindest stabilisiert werden. Dazu soll im Frühjahr sein Fundament in fünf Meter Tiefe mit einer Zementlösung unterspritzt werden. Rund 1,4 Millionen Euro werden dafür veranschlagt. Weil der Turm in der Baulast des Landes liegt, plant es die Sanierung und trägt einen Großteil der Kosten.

Zwanzig Prozent muss aber die kleine Kirchengemeinde mit rund 1.600 Mitgliedern selbst finanzieren. „Mit solchen Kosten haben wir nie gerechnet“, so Röskamp. Daher sei die nördlich von Emmendingen liegende Gemeinde auf Spenden angewiesen. Zudem seien einige Aktionen geplant, wie etwa Baustellenkonzerte. Der Theologe ist froh, dass die Kirche trotz der Schäden weiter für Gottesdienste und Trauerfeiern genutzt werden kann.

Anders ist dies in der evangelischen Kirche in Neulingen-Bauschlott (Enzkreis). Wegen Senkungen im Untergrund ist das denkmalgeschützte Gotteshaus bereits seit Januar 2023 gesperrt. Eine „Unterfütterung“ sei in Planung, die Denkmalpflege habe der Sanierung grundsätzlich auch zugestimmt, erklärt Jürgen Schlechtendahl, Leiter Kirchenbau der Evangelischen Landeskirche in Baden. Nötig seien dazu allerdings noch Fördergelder und Drittmittel.

Weil die Gefahr besteht, dass ganz Mauerteile abstürzen könnten, bleibe die Kirche geschlossen, erläuterte Pfarrer Holger Müller. Das Kirchenschiff habe sich in einer Ecke um sieben Zentimeter abgesenkt und zahlreiche Risse verursacht. Befürchtet werde, dass auch die Glocken springen könnten. Auf rund 700.000 Euro seien die Sanierungskosten veranschlagt. Die Hälfte werde von der badischen Landeskirche getragen.

Durch Fundraising-Aktivitäten und Spenden will die Kirchengemeinde den Rest aufbringen. Die dreischiffige, neoklassizistische Hallenkirche soll künftig nicht nur für Gottesdienste und kirchliche Veranstaltungen genutzt werden, sondern auch zu einem Kulturort werden. Diesen könnten dann auch Kommune und Vereine nutzen, als eine Art „Wohnzimmer des Ortes“, wünscht sich Pfarrer Müller. (2317/15.10.2024)