Der große Kirchentag – er könnte nicht stattfinden, wenn nicht viele, viele Menschen fleißig und ehrenamtlich dafür arbeiten würden. Einer von ihnen ist Ulrich Wemhöhner. Er kümmert sich darum, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die von auswärts kommen, eine Unterkunft erhalten: Ulrich Wemhöhner ist Privatquartier-Beauftragter seiner Kirchengemeinde, der Evangelischen Georgs-Kirchengemeinde in Dortmund-Applerbeck.
„8000 Betten brauchen wir für den Deutschen Evangelischen Kirchentag“, berichtet Wemhöhner. Das ist ein anspruchsvolles Unterfangen. „Gut 4000 sind inzwischen sicher“, so Wemhöhner. Die Werbung läuft weiter auf Hochtouren.
Rund 80 Kirchengemeinden in der Region haben einen Privatquartier-Beauftragten benannt. Die sollen mögliche Gastgeber finden, überzeugen und ihnen beim Anmelde-Verfahren helfen. „Das ist ja erst mal kein natürlicher Reflex, dass man wildfremde Menschen in seiner Wohnung übernachten lässt“, erklärt Ulrich Wemhöhner. Hier setzt die Überzeugungsarbeit an. „Ich habe viele Kirchentage mitgemacht, und ich kann aus tiefstem Herzen sagen: Kirchentagsbesucher sind anders – und zwar im positiven Sinn“, so Wemhöhner.
Die Gäste sind den ganzen Tag über unterwegs, fallen abends müde ins Bett. Und am nächsten Morgen geht’s gleich wieder los, raus zu Bibelarbeit, Podien und Foren. „Wer jemanden bei sich aufnimmt, hat damit keinen großen Aufwand“, sagt Ulrich Wemhöhner; Schlafcouch und kleines Frühstück reichen völlig.
Der 71-jährige frühere Informatiker bringt gute Voraussetzungen für seinen Dienst als Privatquartier-Beauftragter mit. „Ich kann gut mit Menschen, bin Presbyter und in der Gemeinde vernetzt.“ Trotzdem ist seine Aufgabe nicht immer leicht. Wenn er in Gemeindegruppen und -kreisen unterwegs ist, hören ihm die Leute zu. Als er aber neulich auf dem Marktplatz stand, um für sein Anliegen zu werben, lief die Sache anders. „90 Prozent der Leute ließen mich abblitzen“, berichtet Wemhöhner. Bin im Urlaub; nehme keine fremden Leute auf; Kirche? Ja bleib mir weg damit – „das war schon ernüchternd“.
Ulrich Wemhöhner hält dann dagegen, wie bereichernd es sein kann, fremde Menschen für ein paar Tage aufzunehmen. „Wir haben zwei Fortbildungsveranstaltungen für den Kirchentag in Dortmund gehabt, und da erzählen die Menschen immer wieder davon, wie toll es ist, die Bekanntschaft von netten Leuten zu machen, die man sonst nie kennenlernen würde.“ Manche Kontakte, die sich so entwickelt haben, halten über Jahrzehnte.
Aber es gibt ja nicht nur Ablehnung, sondern auch schöne Erfolgserlebnisse. Wie etwa neulich, als Ulrich Wemhöhner auf Werbetour in den Geschäften von Aplerbeck war, um dort zu fragen, ob er Einladungsplakate aufhängen dürfe. Wemhöhner bekam durchweg Zusagen. Auch im Dönerladen. „Die sagten mir: Wir sind keine Christen, aber wir haben vom Kirchentag gehört. Gute Sache! Machen wir mit.“
Ulrich Wemhöhner selbst wird auch jemandem Quartier geben: seiner Nichte. Die kommt aus Norddeutschland, um beim Kirchentag in Dortmund dabei zu sein.