Am Morgen nach der Wahl von Papst Leo XIV. steht das Telefon in der Libreria San Paolo nicht mehr still. „Alle fragen, wann wir den L’Osservatore Romano bekommen und ob ich für sie eine Ausgabe zurücklegen kann“, erzählt ein Mitarbeiter der religiösen Buchhandlung, wenige Gehminuten vom Petersplatz entfernt. Am Vorabend um 19.58 Uhr war die Sonderausgabe der Tageszeitung des Heiligen Stuhls fertiggestellt worden – auf der Titelseite ein Foto des 267. Papsts auf der Loggia des Petersdoms und darüber in großen Lettern: „HABEMUS PAPAM Robertum Franciscum Prevost qui sibi nomen imposuit (der sich den Namen gegeben hat) LEONEM XIV“.
Aus dem Konklave ging der 69-jährige US-Amerikaner Prevost als neuer Pontifex hervor – nur wenig mehr als 24 Stunden nach Beginn der Papstwahl in der Sixtinischen Kapelle. Über 150.000 Menschen kamen nach Polizeiangaben auf den Petersplatz, um Leo XIV. bei seinem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit als Papst zu erleben. Rund 4.000 Einsatzkräfte sorgten für Sicherheit.
Als um kurz nach 18 Uhr weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle in den Himmel aufstieg, konnten viele ihr Glück kaum fassen: „Erst heute Morgen bin ich in Rom angekommen“, sagt der Mexikaner Alejandro freudestrahlend. „Dass ich das miterleben darf, macht diesen Tag zu einem der glücklichsten in meinem Leben.“
Die Glocken des Petersdoms erklingen wie Musik zum Jubel der Menschen, Fahnen in Regenbogenfarben bewegen sich neben Flaggen aus etlichen Ländern der Welt über der Piazza San Pietro. „Habemus Papam!“, ruft Evaristo und die Menschen um ihn herum stimmen mit ein. Der junge Mann aus Nigeria studiert an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom Theologie: „Das ist ein Moment der Einheit“, sagte er. „Christen und Nichtchristen, Katholiken und Andersgläubige, wir sind alle eins.“
Pieterjan und Stefanie aus Belgien hatten bereits am Mittwoch zu Beginn des Konklave vier Stunden lang auf dem Petersplatz ausgeharrt und auf das Ergebnis der ersten Wahl gewartet: „Wir haben zwei Kinder. Morgen werden sie in der Schule vom neuen Papst hören und wir können ihnen davon erzählen, dass wir bei diesem historischen Moment dabei waren.“
Rund eine Stunde nach dem weißen Rauch aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle geht es weiter. Als Kardinalprotodiakon Dominique Mamberti den Namen des neuen Papstes auf der Loggia des Petersdoms verkündete, kommen viele Fragen auf: „Wie war sein Name? – Und woher kommt er?“ Tatsächlich gilt die Wahl von Prevost als Überraschung. Geboren 1955 in Chicago, wirkte er als Geistlicher viele Jahre in Peru.
„Wir brauchen gute Menschen, die aus unserem Land kommen“, kommentiert eine Amerikanerin. Ein junger Katalane sagt: „Er ist ein Mann der Mitte. Der perfekte Brückenbauer.“
Noch in den Abendstunden wird der Petersplatz gereinigt. Am Freitagmorgen herrscht normales Treiben vor der Basilika. Menschen scharen sich um einen Freiwilligen, der den „L’Osservatore Romano“ kostenlos verteilt. Der Libreria San Paolo sind 500 Stück zugesichert worden, insgesamt wurden rund 100.000 Exemplare gedruckt. „Wer eine davon ergattern will, muss zur rechten Zeit da sein“, sagt der Buchhändler. Und jeder darf nur eine haben. Es handele sich schließlich um ein Dokument der Zeitgeschichte.