Rebellische Nonnen wie in Goldenstein beschäftigten immer wieder Kirche und Gerichte. Der aktuelle Fall in Österreich steht beispielhaft für eine Serie spektakulärer Klosterstreitigkeiten. Eine Übersicht.
Drei Nonnen bei Salzburg sorgen seit Monaten für Schlagzeilen. Die über 80-jährigen Augustiner-Chorfrauen – Bernadette, Regina und Rita – verließen im September ihr Seniorenheim und kehrten mit Hilfe eines Schlüsseldienstes in ihr früheres Kloster zurück, gegen den Willen der Kirche. Auf Instagram kann die Klosterbesetzung der drei verfolgt werden. Ihrem Vorgesetzten, Propst Markus Grasl, ist die Öffentlichkeitswirksamkeit der Frauen ein Dorn im Auge. Er fordert von ihnen, dass sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Das lehnen die Schwestern ab. Nun liegt der Fall im Vatikan. Rom soll ein Machtwort sprechen.
Konflikte zwischen Ordensfrauen und kirchlicher Obrigkeit sind kein Einzelfall. Immer wieder geht es um Besitz, Autorität und die Frage, wie viel Eigenständigkeit Gemeinschaften haben dürfen – trotz Gelübden von Armut und Gehorsam.
In den 1960er Jahren kam es in Los Angeles zum Eklat. Die Schwestern des Ordens “Immaculate Heart of Mary” forderten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) mehr Selbstbestimmung und wollten selbst über Gebetszeiten und ihre Klostergewänder entscheiden. Für den zuständigen Kardinal waren die Wünsche der Ordensfrauen inakzeptabel. Er sah sie als Angriff auf die Identität der Kirche. Im Streit stellte sich der Vatikan hinter ihn. 1970 zerbrach die Gemeinschaft: Ein kleiner konservativer Zweig blieb und fügte sich der römischen Entscheidung, rund 300 Frauen gründeten die Laiengemeinschaft “Immaculate Heart Community”.
Knapp 50 Jahre später stritten die verbliebenen konservativen Ordensfrauen erneut – diesmal mit dem Bistum Los Angeles. Die alten, pflegebedürftigen Schwestern lebten im Heim, ihr Kloster stand leer und das Bistum wollte es verkaufen. Mit dem Erlös sollte, so das Bistum, die Pflege der Schwestern finanziert werden. Während der Bischof Popstar Katy Perry als Käuferin präsentierte, wollten die Schwestern an die Unternehmerin Dana Hollister verkaufen. Im Streit entschied ein Gericht, dass die Frauen nicht verkaufsberechtigt waren. 2019 platzte der Deal schließlich. Das Gebäude steht laut Bistum bis heute leer; die letzte Schwester lebt im Pflegeheim – auf Kosten des Bistums.
Auch in Europa gab es ähnliche Auseinandersetzungen. Auf Mallorca rangen Ordensfrauen jahrelang mit ihrem Bischof um das Kloster Santa Isabel in Palma, das seit 1485 in Ordensbesitz war. Nach ihrem Auszug 2014 wollten sie ihr altes Kloster in ein Hotel umwandeln. Der Bischof ließ das Gebäude jedoch als Eigentum der Diözese eintragen. Die Nonnen fühlten sich um ihre Rechte betrogen und klagten. Nach einem langen Rechtsstreit baten die Schwestern 2024 in einem Brief schließlich um Hilfe aus Rom und sprachen von “Jahren großen Leidens”.
Ein weiterer Fall aus Spanien sorgte jüngst für Aufsehen: Ordensfrauen aus Belorado sagten sich 2024 von der katholischen Kirche los und erkannten alle Päpste nach Pius XII. nicht an. Daraufhin wurden die Klarissen aus der Kirche ausgeschlossen. Seit Monaten läuft eine Räumungsklage, da die Frauen das Kloster besetzen. Vor wenigen Tagen nahm die Polizei zwei Ex-Nonnen – darunter die ehemalige Äbtissin – fest. Der Vorwurf: unerlaubter Verkauf von Klostereigentum.
In der Schweiz endete Anfang Dezember ein jahrelanger Streit um ein Kloster. Der Konflikt hatte sich an der letzten verbliebenen Ordensfrau der Gemeinschaft entzündet. Die 81-jährige Kapuzinerin lebte zuletzt allein und weigerte sich, das Kloster Wonnenstein zu verlassen. Ende Oktober zog sie schließlich aus – nachdem der zuständige Bischof sie in einem Schreiben zum Wegzug aufgefordert und für den Fall der Weigerung eine Entlassung aus dem Orden angedroht hatte. Anfang Dezember wurde bekannt, dass nun neue Ordensfrauen in das Kloster einziehen werden.
2023 sorgten zwei italienische Klöster für Aufsehen. An der Amalfiküste weigerten sich zwei Nonnen, das Kloster Santa Chiara in Ravello zu räumen, das Rom wegen fehlender Zukunftsfähigkeit schließen wollte. Zusammen mit einer 97-jährigen Mitschwester blieben sie – bis der Vatikan sie wegen Ungehorsams aus dem Orden entfernte.
In der Toskana wurde etwa zur gleichen Zeit ein Benediktinerinnenkonvent nach einer vatikanischen Visitation erschüttert. Der Vatikan setzte die zuständige Äbtissin ab. Gründe wurden nicht kommuniziert. Die Schwestern sprachen von Willkür und verweigerten dem zuständigen Bischof die Anerkennung seiner Autorität. Beobachter vermuteten, ihre ungewöhnlich offene Öffentlichkeitsarbeit passe nicht zum strengen Klosterleben. Die Schwestern schlossen daraufhin ihr Kloster für Außenstehende, Medien berichteten von einer “rätselhaften Klosterrevolte”.
Viele dieser Klosterstreitigkeiten verloren sich in den Untiefen der kirchlichen Verwaltung. Auch im Goldensteiner Streit liegt der Ball nun in Rom. Wann eine Entscheidung fällt, ist ungewiss.