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Den Geist aus der Flasche lassen

Korkenzieher-Museum zeigt beliebte Sammlerobjekte

Im Wein liegt die Wahrheit, im Korkenzieher die Kraft, heißt es. Wer den nützlichen Gegenstand erfunden hat, ist nicht bekannt. Das weltweit erste Patent für einen Korkenzieher erhielt jedoch 1795 ein anglikanischer Pfarrer.

Vogtsburg (epd). Für Weinliebhaber ist es eine Wissenschaft für sich, den Korken vorsichtig aus der Flasche zu entfernen. Und das möglichst, ohne die Flasche oder den Korken zu beschädigen. Für den reinen Trinkgenuss wurden vor mehr als 350 Jahren die Korkenzieher erfunden. Sie öffneten Wein-, aber auch Bier- und Ciderflaschen sowie Medikamenten- oder Parfum-Flakons. Mehr als 3.000 Patente gibt es weltweit.

   Als im 16. Jahrhundert Wein nicht mehr nur in Fässern angeboten wurde, sondern auch in Flaschen, wurden diese mit Korken verschlossen. Um sie wieder bröselfrei zu entfernen, benutzte man allerlei Werkzeuge: So hebelte man etwa mit kleinen spitzen Eisendornen den Korken stückchenweise aus der Öffnung, oder – was Kenner empört – versenkte ihn kurzerhand in der Flasche. Besser geeignet waren da vor allem die für Schusswaffen verwendeten Zieh- und Putz-Werkzeuge.

   Wer genau den Korkenzieher erfunden hat, ist ungeklärt. Der erste schriftliche Beleg für einen Korkenzieher in Englisch stammt aus dem Jahr 1681: In einem Museumskatalog wurde die Spirale mit Griff als «stählerner Wurm» beschrieben. In Frankreich wurde ein Korkenzieher erstmals 1695 erwähnt.

   Feststeht jedoch, wer das weltweit erste Patent dafür erhielt: Es war der anglikanische Pfarrer Samuel Henshall aus Oxford. Das Patent für seinen «Henshall button corkscrew» stammt aus dem Jahr 1795, wie das Guinness Buch der Rekorde vermerkt. Der Geistliche befestigte eine einfache Scheibe zwischen der Spirale und dem Schaft. Diese verhindert, dass die Spirale zu tief in den Korken eindringt und
sorgt dafür, dass der Korkenzieher sich leichter drehen lässt. Bei heutigen Modellen erleichtert oft zusätzlich die Hebelwirkung das Entkorken.

   Dass die Ursprünge des Korkenziehers in England liegen könnten, wo kein Wein angebaut wird, überrascht den Sammler Bernhard Maurer nicht. Der Leiter des Korkenzieher-Museums im südbadischen Weinort Vogstburg-Burkheim am Kaiserstuhl erklärt, dass die Engländer schon damals gern französischen Wein getrunken hätten.

   Seine eigene Sammelleidenschaft habe 1995 in Genf begonnen, auf einem Betriebsausflug, erzählt der Werbedesigner. Mittlerweile hat er mehr als 1.200 Exemplare aus 350 Jahren und aller Welt gesammelt. In dem bundesweit einzigen Korkenzieher-Museum erzählt er Geschichten und Anekdoten rund ums Entkorken.

   Maurer wird immer wieder fündig – ob auf einem Flohmarkt in New York morgens um halb vier Uhr, einer Versteigerung im Londoner Auktionshaus Christies, bei einem marokkanischen Antiquitätenhändler in Marrakesch oder einem Juwelier in Hamburg. Dort hat er seinen teuersten Korkenzieher erstanden, mit einem Griff aus echtem
Elfenbein in Form eines Frauenbeines, verziert mit 18-karätigem Gold.

   Die nützlichen Gebrauchsinstrumente werden auch mit Taschenmessern, Scheren oder anderen Werkzeugen kombiniert. Dem Einfallsreichtum scheinen kaum Grenzen gesetzt: So gibt es sogar einen Spazierstock, dessen abschraubbarer Griff als Korkenzieher fungiert, wie Sammler Reinhold Berndt erzählt, der die Geräte auch
erforscht und dazu publiziert. Er gehört dem Verein «Korkenzieherfreunde» an. Nicht nur das Sammeln alter und seltener Modelle sei den Vereinsmitgliedern wichtig, sagt Berndt, sondern auch das Ausprobieren der Korkenzieher – sowie das Verkosten des
Flascheninhalts.

   Viel exklusiver ist der Verein «International Correspondence of Corkscrew Addicts» (ICCA), der nur 50 Mitglieder zählt. Er wurde 1974 von dem katholischen Ordensbruder Timothy Diener in Kalifornien gegründet. Die weltweit größte Kollektion von Korkenziehern besitzt laut Guinessbuch der Rekorde der Rumäne Ion Chirescu in Bukarest: Bereits 2015 erhielt er einen Eintrag für damals 23.965 Exemplare. Er eröffnete 2016 ein Museum. Dort seien mittlerweile rund 35.000 Korkenzieher zu sehen, sagt Berndt.

   Längst nicht immer geht es um Wein: Zu den Besonderheiten des deutschen Korkenzieher-Museums am Kaiserstuhl gehört auch eine kleine, mit Korken verschlossene Maggiflasche mit einem dazu passenden Fingerring-Korkenzieher, der nur einen Zentimeter klein ist. Und natürlich hat der passionierte Sammler Bernhard Maurer selbst einen Korkenzieher entworfen, in Stuhlform: Dabei ist ein Stuhlbein seines patentierten «Kleinen Kaiserstuhls» eine Korkenzieher-Spirale.