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Buß- und Bettag: Kann der weg?

Heute ist Buß- und Bettag. Doch nur noch in einem Bundesland ist er ein gesetzlicher Feiertag. Stimmen aus Sachsen und dem arbeitenden Rest der Republik.

Der Buß- und Bettag ist nur noch in Sachsen ein gesetzlicher Feiertag
Der Buß- und Bettag ist nur noch in Sachsen ein gesetzlicher FeiertagImago / Bihlmayerfotografie

Am Buß- und Bettag vor 30 Jahren mussten fast alle Deutschen tapfer sein: Denn zum ersten Mal war der Tag kein gesetzlicher Feiertag mehr – und sie mussten arbeiten gehen. „Ich war nicht sonderlich empört darüber“, erinnert sich Harriet Maczewski. Sie ist heute Pastorin der Bugenhagen-Kirchengemeinde in Hannover.

In ihrer Kindheit und Jugend hat Harriet Maczewski den Buß- und Bettag eher als „Grünkohl- und Wandertag“ wahrgenommen. Daher hatte sie damals das Gefühl: Das passt schon mit der Abschaffung, mit der übrigens die damals neu eingeführte Pflegeversicherung finanziert werden sollte.

Buß- und Bettag: Zum Jugendgottesdienst in Wohnzimmerkirche

Anni Siegesmund reagiert sogar überrascht, als sie erfährt, dass früher alle am Buß- und Bettag frei hatten. Die 31-Jährige ist Jugendmitarbeiterin der Hamburger Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde. „Ich glaube, die meisten Jugendlichen wissen gar nicht, dass der Tag existiert und was das ist“, sagt sie. Um das zu ändern, feiern sie mit Teams der Nachbargemeinden Farmsen-Berne und Volksdorf zum zweiten Mal am Abend des diesjährigen Buß- und Bettags am Mittwoch, 19. November, einen Jugendgottesdienst im Stil einer Wohnzimmerkirche.

Auch Harriet Maczewski lädt zum Abendgottesdienst in die Bugenhagenkirche. „Hier gibt es eine Gruppe, der der Tag wichtig ist“, erzählt sie. Ein ruhiger Gottesdienst mit Abendmahl, anschließend ein geselliges Beisammensein, das sei schon Tradition in der Gemeinde. Eine Tradition, an der erfahrungsgemäß rund 50 Menschen teilnehmen – „und das an einem Mittwochabend“. 

Während der Buß- und Bettag in allen anderen Bundesländern kaum noch eine Rolle spielt, gibt es einen Ort, an dem der Tag bis heute gesetzlich geschützt ist: Sachsen. Dort ist der Mittwoch im November weiterhin arbeitsfrei – ein Anachronismus, könnte man meinen, aber einer mit Wirkung. Für Pastor Matthias Pommeranz aus Görlitz zeigt sich darin, dass der Tag gesellschaftlich und politisch eine wichtige Funktion behalten kann. „Buß- und Bettag bringt uns zusammen als Gesellschaft und macht uns gemeinsam verantwortlich für unser Land, seine Probleme und Herausforderungen“, sagt er. Was nach einer historischen Fußnote klingt, entspringe einer tiefen Tradition: von der biblischen Erzählung der Stadt Ninive bis hin zum ersten evangelischen Buß- und Bettag im Jahr 1532, als die Türken vor Wien standen.

Buß- und Bettag bleibt “theologisch bedeutsam”

Für Pommeranz ist der Tag aber vor allem theologisch bedeutsam. Buße sei ein Grundpfeiler des Glaubens, sagt er, und werde heute viel zu selten thematisiert. „Buße konfrontiert uns mit unserer Sünde und ihren Folgen. Es macht uns und unsere Taten wertvoll, denn es ist nicht egal und bedeutungslos, wer wir sind und was wir tun.“ Die Botschaft dahinter sei keine der Schwere, sondern der Hoffnung: dass Menschen neu anfangen können, „vergeben, angenommen und geliebt“. Vielleicht erklärt gerade das, warum in Sachsen an diesem Feiertag festgehalten wird – und warum manche hoffen, dass er auch anderswo wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Geht es nach der Hamburgerin Anni Siegesmund, so ist der Tag besonders relevant für junge Menschen. „Die Jugendlichen sollen raus aus dem Alltag kommen, um zu reflektieren“, sagt sie. „Es ist wichtig, ihnen dazu die Möglichkeit zu geben.“ 

Interesse für Reformationstag geweckt

Siegesmund fällt es nicht leicht, einen „Bußtag“ schmackhaft zu machen. „Ich meide selbst das Wort ‚Buße“ sagt sie. „Im Gespräch frage ich eher: ‚Fällt euch etwas ein, was ihr gemacht habt, was nicht so gut war?“ Sie hofft, dass die Jugendlichen dann über ihr Handeln nachdenken, überlegen, ob sie etwas wieder gut machen können – „und ins Gespräch mit Gott gehen“.

Geweckt hingegen wurde das Interesse für einen anderen kirchlichen Feiertag, sagt Pastorin Maczewski: den Reformationstag, seit 2018 gesetzlicher Feiertag im Norden.