Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) wollen Strafen für das sogenannte Containern abschaffen. Wer noch ess- oder trinkbare Lebensmittel aus Müllcontainern heraussuche, solle dafür nicht mehr belangt werden, wenn die Umstände im Einzelfall dies zuließen, teilten das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesjustizministerium in Berlin mit.
Beide Minister unterstützen demnach einen Vorschlag des Bundeslandes Hamburg, der eine Ergänzung der Richtlinien für Straf- und Bußgeldverfahren vorsieht. Für diese Richtlinien sind die Bundesländer zuständig. Demzufolge sollten Verfahren wegen Diebstahls weggeworfener Lebensmittel in der Regel eingestellt werden. Falls beim Containern andere Straftaten begangen werden, sieht der Vorschlag weiter eine Strafverfolgung vor.
Baustein gegen Verschwendung von Lebensmitteln
„Wenn sich Menschen weggeworfene Lebensmittel mit nach Hause nehmen, ohne dabei eine Sachbeschädigung oder einen Hausfriedensbruch zu begehen, dann muss das nach meiner Meinung nicht weiter strafrechtlich verfolgt werden“, sagte Buschmann. Özdemir nannte die Straffreiheit für das Containern einen von vielen „Bausteinen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung“. Hier könnten die Länder einen konkreten Beitrag leisten.
Für den Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt weist das Vorhaben in „die richtige Richtung“. „Besser wäre ein Essen-Retten-Gesetz nach französischem Vorbild, das Supermärkte verpflichtet, Essen zu spenden“, sagte Alt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dann müssten Menschen nicht im Müll wühlen. „Noch besser wäre, wenn jeder Haushalt ausreichend Geld hat, um sich das Essen zu kaufen, das er kaufen möchte.“
#Lebensmittelretter/innen sollten in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt werden. Nahrungsmittel gehören auf den Teller und nicht in die Tonne. Danke @MarcoBuschmann für die gemeinsame Initiative zum #Containern. 🫐🍐🥬🥖🥒🍞🧈 https://t.co/ZmMTk8QWhg
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) January 10, 2023
Er bewerte den jetzigen Vorschlag auch als Folge „des penetranten Nervens der ‘Letzten Generation’ und von mir“, sagte Alt. Der Jesuitenpater hatte sich im vorvergangenen Jahr selbst angezeigt, nachdem er Essen aus Mülltonnen von Supermärkten entwendet hatte. Die Lebensmittel hatte er anschließend in der Nürnberger Innenstadt an Passanten verschenkt.
Zahlen des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge landen in Deutschland jährlich rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Der größte Anteil (59 Prozent) stamme aus Privathaushalten, weitere 17 Prozent aus Restaurants und Kantinen. 15 Prozent fielen bei der Verarbeitung an, 7 Prozent im Handel und 2 Prozent in der Landwirtschaft.