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Bundespräsident besteht auf rascher Aufarbeitung der Corona-Pandemie

Die Corona-Restriktionen haben nach Ansicht des deutschen Staatsoberhaupts tiefe gesellschaftliche Narben hinterlassen. Eine Aufarbeitung – notfalls auf eigene Initiative – sei unumgänglich.

Fünf Jahre nach den ersten Corona-Fällen in Deutschland drängt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf eine zügige Pandemie-Aufarbeitung nach der Bundestagswahl. Im “Stern”-Interview (Samstag) kündigte er an, andernfalls eine eigene Kommission ins Leben zu rufen. “Die Pandemie hat tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, die unübersehbar sind”, sagte Steinmeier. “Es sind Narben geblieben, die schmerzen.” Darum sei eine Aufarbeitung dringend notwendig. “Wir werden uns nach den Neuwahlen sehr schnell auf das Wie der Aufarbeitung verständigen müssen. Es eilt. Nach meinem Eindruck ist die Erwartung in der Öffentlichkeit groß”, so der Bundespräsident.

Er kündigte an, notfalls selbst tätig zu werden: “Wenn eine neue Regierung und ein neuer Bundestag sich dieser Aufgabe tatsächlich nicht widmen sollten, werde ich das tun.” Es gehe nicht um eine “vordergründige Suche nach Schuldigen”, versicherte das Staatsoberhaupt. “Wir müssen uns selbst gegenüber Rechenschaft ablegen, was gut lief, was weniger gut lief, was geschadet hat. In unser aller Interesse Transparenz herstellen – darum geht es.”

Regierung und Opposition hatten sich in den vergangenen Monaten nicht auf eine institutionelle Aufarbeitung der Pandemie und ihrer Folgen einigen können. Auch innerhalb der Ampel-Koalition herrschte Dissens. Diskutiert wurde über einen Untersuchungsausschuss, eine Enquête-Kommission, aber auch über Bürgerräte – letztlich erfolglos.

Steinmeier zeigte Unverständnis darüber, dass es bislang keine bundespolitische Einigung gibt. “In der Aufarbeitung der Pandemie liegt eine riesige Chance”, betonte er. Durch Transparenz könne es gelingen, Menschen zurückzugewinnen, die ihr Vertrauen in das System verloren hätten.