MINDEN – Die Stadt Minden hat den Titel „Reformationsstadt Europas“ verliehen bekommen – als einzige im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen. Pfarrer Bernd Jaeger von der Gemeinschaft Europäischer Kirchen in Europa (GEKE) übergab die Urkunden an Bürgermeister Michael Jäcke und Superintendent Jürgen Tiemann.
Das Besondere an der Reformation in Minden sei, dass eine Bürgerbewegung sich der Sache angenommen und Veränderungen eingefordert habe, sagte Jaeger. „Sie überzeugten die politisch Verantwortlichen und sorgten für eine erfolgreiche Durchsetzung der Reformation.“ Mindener Bürger hatten 1529 den wegen seiner evangelischen Predigten eingekerkerten Mönch Heinrich Traphagen befreit und Druck auf den widerstrebenden Stadtrat ausgeübt.
Außerdem, so Jaeger, stehe Minden stellvertretend für das Bildungskonzept der Reformation: Menschen sollen zur Mündigkeit geführt werden, unabhängig von ihrem Stand. „Sie sollen selbst die Bibel lesen können und eigenständig Entscheidungen treffen können.“
Superintendent Tiemann hob hervor, dass der Mindener Reformator Nikolaus Krage 1530 gemeinsam mit der Kirchenordnung auch eine Schulordnung erlassen habe. Die daraus unmittelbar hervorgehende Gründung einer städtischen Lateinschule – des heutigen Ratsgymnasiums – sei Ausdruck der Verselbstständigung des Bürgertums gegenüber der Machtstellung der römischen Kirche gewesen, so Tiemann.
Es sei der „bewegten Reformationsgeschichte Mindens“ zu verdanken, dass die Bewerbung um den Titel „Reformationsstadt Europas“ erfolgreich gewesen sei, sagte Bürgermeister Jäcke (SPD). Viele Orte in der Stadt erinnerten noch heute an die Zeit zwischen 1517 und 1530, so etwa die St. Martini-Kirche, in der Krage die erste Kirchenordnung in Westfalen verkündet hatte.
Eine enge Zusammenarbeit von Stadt und Kirche bei der Gestaltung des 500. Reformationsjubiläums ist eine der Voraussetzungen für den Titel „Reformationsstadt Europas“, den die GEKE an bisher 62 Städte verliehen hat. In Minden organisieren Kommune, Kirchenkreis und Bildungseinrichtungen ein festliches Programm aus Anlass der Ankunft des Europäischen Stationenwegs zur Reformation vom 25. bis 27. November.
Ein „Stationenmobil“ besucht 2016/17 insgesamt 68 Städte in Europa. Im Frühjahr 2017 kommt der Reformations-Truck auch in die lippische Stadt Lemgo – auch sie hat soeben den Titel „Reformationsstadt Europas“ erhalten. Damit können die Städte auch über das Jubiläumsjahr 2017 hinaus für sich werben.