Der Streit um eine Gedenkveranstaltung hält an: Erst sollte der Philosoph Omri Boehm in Buchenwald sprechen – nun doch nicht. Der Vorgang sorgt für scharfe Kritik, auch vom Leiter der Gedenkstätte.
Vor der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald kritisiert der Leiter der Gedenkstätte, Jens-Christian Wagner, die israelische Regierung. Im Sender radio3 erhob er am Donnerstag den Vorwurf, Geschichtspolitik auf dem Rücken von Opfern zu betreiben. “Einem Enkel einer Holocaust-Überlebenden das Wort zu versagen, das ist wirklich das Schlimmste, was ich in 25 Jahren Gedenkstättenarbeit erlebt habe”, sagte Wagner.
Am Jahrestag der Befreiung, dem 11. April, hätte der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm auf der zentralen Gedenkveranstaltung in Weimar sprechen sollen. Die Einladung wurde zurückgezogen – aufgrund eines Konfliktes mit der israelischen Regierung, der sich abzeichnete. Boehm gilt als Kritiker der israelischen Regierung. Wagner erklärte, die Gedenkstätte habe dem Druck nachgegeben, um zu verhindern, dass Überlebende in den Streit hineingezogen werden.
Wagner, der die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora leitet, bezeichnete den Vorgang als “äußerst bedauerlich”. Er wolle es nie wieder erleben, “tatsächlich gedrängt zu werden”.
Der in New York lehrende Boehm hat unter seinen Vorfahren selbst Holocaustüberlebende. Seine Bücher wie etwa “Israel – eine Utopie” und Thesen werden weltweit wahrgenommen, polarisieren aber auch. Der Philosoph vertritt eine kritische Haltung zur Regierung seiner Heimat Israel und zur dortigen Gedenkkultur. Zu den Vorfällen in Weimar wollte er sich laut einem Bericht des “Spiegel” vom Mittwoch nicht äußern.
Ein Sprecher der israelischen Botschaft sagte dem Magazin: “Die Entscheidung, mit Omri Boehm einen Mann einzuladen, der Yad Vashem als Instrument politischer Manipulation bezeichnet, den Holocaust relativiert und sogar mit der Nakba verglichen hat, ist nicht nur empörend, sondern eine eklatante Beleidigung des Gedenkens an die Opfer.”