Brasiliens Ex-Präsidentin Dilma Rousseff ist offiziell als Opfer der Militärdiktatur anerkannt worden. Die Amnestiekommission des Ministeriums für Menschenrechte entschuldigte sich in einer live übertragenen Sitzung am Donnerstag (Ortszeit) bei der Linkspolitikerin im Namen des brasilianischen Staates für die ertragene Folter und Verfolgung während der Diktatur (1964 bis 1985). Ihr steht außerdem eine Entschädigungszahlung von 100.000 Reais (rund 15.000 Euro) zu. Rousseff, die aktuell Chefin der Entwicklungsbank der Brics-Staaten in Shanghai ist, nahm nicht persönlich an der Sitzung teil.
Rousseff schloss sich während ihrer Studienzeit der Guerillaorganisation VAR Palmares an. 1970 wurde sie im Alter von 22 Jahren verhaftet, drei Jahre im Gefängnis festgehalten und gefoltert. Rousseff berichtete der Kommission von Elektroschocks, simuliertem Ertränken und Schlägen, die unter anderem zum Verlust von Zähnen führten. Unter den Folgen der Gewalt leide sie noch heute.
2002 stellte Rousseff erstmals einen Antrag auf Anerkennung als Diktatur-Opfer. Das Verfahren wurde aber auf ihre eigene Bitte hin während ihrer Zeit als Ministerin und Präsidentin (2011 bis 2016) ausgesetzt. 2016 wurde das Verfahren wieder aufgenommen, ihre Anerkennung jedoch 2022 während der Amtszeit des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro abgelehnt. Sie legte daraufhin Berufung ein.
Rousseff gehört zu den prominentesten Opfern der Militärdiktatur. Maßgeblich trieb sie als Präsidentin die vernachlässigte staatliche Aufarbeitung der Diktaturverbrechen voran. 2014 überreichte ihr die eingesetzte Wahrheitskommission den Abschlussbericht, in dem detailliert die Grausamkeiten der Militärs wie willkürliche Verhaftungen, Folter, Exekutionen, Entführungen und das „Verschwindenlassen“ von Regimegegnern aufgelistet sind. Die staatliche Amnestiekommission ist für die Prüfung von Fällen politischer Verfolgung und Entschädigungen zuständig.