Brasiliens Umweltbehörde Ibama hat dem halbstaatlichen Energieriesen Petrobras grünes Licht für Bohrungen vor der Amazonasküste gegeben. Vorangegangen waren jahrelange Diskussionen innerhalb der Regierung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Ihre Haltung zur Förderung von Öl und Gas im Land ist ambivalent. Die neue Entscheidung sorgt drei Wochen vor der in der Amazonasregion geplanten Weltklimakonferenz COP 30 international für Aufsehen. Umweltaktivisten haben bereits Klagen angekündigt.
Erste Probebohrungen sollen in den nächsten Tagen nahe der Mündung des Amazonasflusses in den Atlantik, rund 175 Kilometer vor der Küste des nordbrasilianischen Gliedstaates Amapá, vorgenommen werden. Sie sollen das dortige Förderpotenzial ermitteln. Allerdings fördert das Nachbarland Französisch-Guyana in der Region jetzt schon große Mengen Öl und Gas. Petrobras beziffert das Potenzial allein vor der Küste Amapás auf 5,6 Milliarden Barrel Rohöl; ein Barrel entspricht 159 Litern.
Brasiliens Regierung streitet um Förderung von Rohstoffen
Die Förderung von Rohstoffen im Amazonasgebiet ist ein altes Anliegen der Arbeiterpartei PT von Präsident Lula. Entsprechende Pläne gibt es schon lange. Aber Lulas Umweltministerin Marina Silva hatte sich stets gegen das Projekt ausgesprochen. Sie setzt sich für eine Dekarbonisierung der Wirtschaft ein, also für eine Abkehr von fossilen Brennstoffen. Lula selbst und etliche Oppositionspolitiker sehen in der Förderung jedoch gigantische Einnahmequellen.

So war Ministerin Silva großem Druck aus den eigenen Reihen ausgesetzt, die Fördergenehmigung endlich zu erteilen. Sie musste sich bei Anhörungen im Kongress wegen ihrer ablehnenden Haltung regelrecht beleidigen lassen. Schon 2008 war Silva wegen Lulas Plänen zur Entwicklung der Amazonasregion als Umweltministerin zurückgetreten; erst 2022 fand eine Aussöhnung zwischen den beiden statt.
Die Umweltbehörde erklärte nun, dass die Genehmigung nur deshalb ausgestellt worden sei, weil Petrobras Pläne zur Vermeidung von Umweltschäden deutlich nachgebessert habe. Die betroffene Region verfügt über eine wertvolle Meeresfauna und -flora. Umweltorganisationen fürchten um den Schutz der Natur und wollen rechtliche Schritte gegen die Fördergenehmigung einleiten.
Amazonas: Aktivisten in Sorge
Sorgen machen sich die Aktivisten auch wegen des Signals, das von der Entscheidung ausgeht. “Es sabotiert die Klimaagenda und Brasiliens Führungsrolle bei der COP 30”, erklärte Suely Araújo, Expertin der NGO Observatório do Clima. Für Petrobras sei die Genehmigung eine Ermutigung, weitere Lizenzen für die Förderung entlang der brasilianischen Küsten anzustreben.
Auch für Mariana Andrade, Koordinatorin von Greenpeace Brasilien, wirft die Entscheidung ein schlechtes Licht auf den Klimagipfel-Gastgeber Brasilien. “Am Vorabend der COP 30 kleidet sich Brasilien auf der internationalen Bühne in Grün, ist im eigenen Land jedoch mit Öl bedeckt”, sagte sie der Zeitung “Folha de S.Paulo”.
Klimakonferenz COP kommt nach Brasilien
Lula hatte im Wahlkampf 2022 versprochen, die Natur Amazoniens besser zu schützen. Zudem wollte er Brasilien nach den Jahren unter Präsident Jair Messias Bolsonaro (2019-2022) zum weltweiten Vorreiter der Klimabewegung machen. Bolsonaro hatte sich indes offen für eine Ausbeutung der im Land befindlichen Rohstoffe ausgesprochen. Nun beschreitet offenbar auch Lula diesen Weg – trotz anderslautender Versprechungen.
Die Klimakonferenz COP 30 findet vom 10. bis 21. November in der Amazonasmetropole Belém statt.
