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Bomben statt Hilfe – Myanmars Junta verübt weiter Angriffe

Nach dem Erdbeben in Myanmar stehen Millionen Menschen vor dem Nichts. Doch die Hilfe erreicht viele nicht – denn die Junta setzt ihre Angriffe fort. Hilfsorganisationen warnen zudem vor Infektionskrankheiten.

Zwei Wochen nach der Erdbebenkatastrophe in Myanmar haben die Vereinten Nationen die anhaltenden Militäroperationen der Junta scharf kritisiert. “In einer Zeit, in der der alleinige Fokus auf der Versorgung der Katastrophengebiete mit humanitärer Hilfe liegen sollte, greift das Militär stattdessen an”, sagte die Sprecherin der UN-Menschenrechtskommission (OHCHR), Ravina Shamdasani, am Freitag. Demnach gab es bereits mehr als 120 Luft- und Artillerieangriffe.

Ziel seien besiedelte Gebiete in dem südostasiatischen Land gewesen, so Shamdasani. Mehr als die Hälfte der Angriffe seien nach dem 2. April verübt worden, an dem ein Waffenstillstand beginnen sollte. Der Zugang zu den Erdbebenopfern sei erheblich gefährdet.

In Namkhan in der Region Sagaing seien bei einem Luftangriff 30 Zivilisten – darunter Frauen und Kinder – getötet worden, berichtete das Nachrichtenportal “Democratic Voice of Burma” (Freitag). “Das Krankenhaus, Häuser und andere Gebäude wurden zerstört. Es müssen noch Leichen geborgen werden, und die Zahl der Todesopfer könnte noch steigen”, zitierte es einen Sprecher der “Volksverteidigungskräfte”.

Bei ihnen handelt es sich um den bewaffneten Arm der Schattenregierung National Unity Government (NUG). Nach Angaben der NUG starben seit dem Erdbeben vom 28. März bis zum 8. April insgesamt 72 Zivilisten bei Angriffen.

Das Erdbeben kostete nach offiziellen Zahlen 3.600 Menschen das Leben. 48.834 Wohngebäude sowie 5.275 Pagoden und Stupas – buddhistische spirituelle Bauten – seien zerstört oder beschädigt worden, so die Militärregierung, zudem 3.094 buddhistische Klöster, 2.045 Schulen, 167 Gesundheitseinrichtungen, 2.171 Behörden-Standorte, 198 Staudämme und 148 Brücken. Diese Zahlen geben laut myanmarischen Medien nur die Schäden in den von der Militärjunta beherrschten Regionen des Bürgerkriegslandes an und lassen die von Regierungsgegnern kontrollierten Regionen außer Acht – die Caritas etwa geht von mehr als 5.000 Toten aus.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef schätzt, dass neun Millionen Menschen, darunter 2,7 Millionen Kinder, besonders stark von den Auswirkungen der Beben betroffen sind. Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius und heftige Regenfälle bei zugleich fehlenden Sanitäranlagen und Mangel an sauberem Wasser erhöhten das Risiko von Infektionskrankheiten. Den Angaben zufolge benötigt Unicef in den kommenden Wochen 28 Millionen US-Dollar, um Kinder in Myanmar mit lebenswichtiger Hilfe zu erreichen. Das Kinderhilfswerk rief dringend zu Spenden auf.

Auch die Hilfsorganisation Caritas international hält die Lage in den Katastrophengebieten für dramatisch. Viele Menschen trauten sich wegen ständiger Nachbeben nicht zurück in ihre beschädigten Häuser, sagte Myanmar-Referentin Angela Gärtner am Freitag. Sie müssten dringend sicher untergebracht und versorgt werden. In den kommenden Tagen drohten immer wieder Gewitter und starke Regenfälle, was zu Erdrutschen und weiteren Verwüstungen führen könnte.

Die Hilfsorganisation Care berichtete, dass viele Kinder bereits jetzt an Durchfall litten. In den provisorischen und überfüllten Unterkünften steige zudem das Gewaltrisiko, insbesondere für Frauen und junge Menschen. “Die Sorgen der Mütter in den betroffenen Gemeinden sind erschütternd”, sagte Care-Länderdirektor Arif Noor.