Das katholische Bistum Hildesheim sieht deutliche Fortschritte bei der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Kirche. Gegenüber der Situation von vor zwei Jahren sei die Ampel in vielen Fällen von Gelb auf Grün oder von Rot auf Gelb gesprungen, teilte das Bistum am Freitag mit. Betroffene von sexuellem Missbrauch attestieren dem Bistum in einigen Fällen ebenfalls Fortschritte, formulieren aber auch Kritik.
Seit zwei Jahren dokumentiert das Bistum mithilfe eines Ampel-Systems, wie weit es bei der Aufarbeitung gekommen ist. Kriterium sind dabei 87 Handlungsempfehlungen, die in zwei Studien aus den Jahren 2017 und 2021 aufgestellt wurden. Die Ampelfarbe Grün bedeutet nach dem System, dass eine Empfehlung vollständig umgesetzt wurde. Bei Gelb wurde sie teilweise umgesetzt. Rot markiert Empfehlungen, die noch nicht angegangen wurden.
Laut Bistum stehen inzwischen 28 Empfehlungen auf Grün, fünf mehr als 2023. Mit Gelb sind ebenfalls 28 Empfehlungen markiert, zehn mehr als vor zwei Jahren. „Auch die aktuelle Ampel macht deutlich, dass noch viel Arbeit vor uns liegt“, bilanzierte der Leiter der Stabsabteilung Prävention, Intervention und Aufarbeitung im Bistum, Martin Richter. „Gleichwohl freue ich mich über die positiven Entwicklungen in der Aufarbeitung, die in dem Dokument gut sichtbar werden.“
Der Betroffenenrat Nord lobte, dass das Bistum seit Januar endlich sowohl über eine Lotsenstelle als auch über eine Ombudsstelle für Betroffene verfüge, bei der Beschwerden vorgebracht werden können. In die Auswahl der Personen sei der Rat dabei von Beginn an konsequent eingebunden worden. „Insgesamt ist das Bistum hier auf einem sehr guten Weg“, sagte Sprecher Norbert Thewes. Zudem werde die Vernetzung der Betroffenen inzwischen angemessen finanziell unterstützt.
Allerdings sähen es die Betroffenen kritisch, dass die Lotsenstelle über kein eigenes Budget verfüge und direkt an die Stabsabteilung des Bistums angebunden sei. Zudem bemängelte der Betroffenenrat, dass im bischöflichen Beraterstab nach wie vor kein Betroffener vertreten sei. Dies trage nicht zu einer kritischen Grundhaltung bei, sagte Co-Sprecher Raphael Ohlms: „Hier muss die Betroffenenperspektive dringend berücksichtigt werden.“