Artikel teilen:

Bischof Meier zu Missbrauchsbetroffenen: Empfinde tiefe Schuld

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat den Betroffenen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker sein Mitgefühl ausgedrückt. Er möchte allen Betroffenen sagen, „wie tief ich die Schuld empfinde, in der die Kirche Ihnen gegenübersteht und wie sehr ich Ihr Schicksal bedaure“, sagte er am Donnerstag in Augsburg. Es sei schrecklich, weil vielen Betroffenen über sehr lange Zeit nicht zugehört und nicht geglaubt worden sei. „Auch wenn ich seither in unterschiedlichen Kontexten sehr intensiv mit den Schicksalen von sexualisierter Gewalt betroffener Menschen und dem Versagen Verantwortlicher in unserer Kirche befasst worden bin, bleibt dieses Entsetzen.“

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum (UAKA) übergab Meier am Donnerstag ihre selbst erarbeitete, 206 Seiten starke „Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Augsburg“. Diese ergab, dass Verantwortungsträger im Bistum Augsburg über Jahrzehnte nicht angemessen auf Hinweise auf sexuellen Missbrauch reagiert haben. Bischof Meier wurde kein Versagen zur Last gelegt. Die Studie war Bischof Meier vorab nicht bekannt, dementsprechend wollte er sich inhaltlich dazu nicht äußern. Er habe sich aber ein großes Zeitfenster freigehalten, um die Studie umgehend zu lesen und sich dann auch zeitnah zur Studie selbst zu äußern. „Mehr kann ich zum Inhalt derzeit nicht sagen“, sagte Meier. Den Mitgliedern der UAKA sprach er seinen Dank aus für „diese wirklich immense und noch dazu ehrenamtliche Leistung“.

Die UAKA hatte für ihre Studie den Datenbestand fürs Bistum Augsburg der bundesweiten MHG-Studie von 2018 herangezogen. Dabei hatte sie einen besonderen Fokus auf die Verantwortlichkeiten gelegt und festgestellt, dass Verantwortungsträger im Bistum Augsburg jahrelang unangemessen auf Hinweise auf sexuellen Missbrauch reagiert haben. Besonders stechen dabei die Amtszeiten der Bischöfe Viktor Josef Dammertz (1993-2004), Josef Stimpfle (1963-1992) und Joseph Freundorfer (1949-1963) hervor. Für die jeweiligen Episkopate seien „Prozentwerte nicht angemessenen Verhaltens“ von 68,8 Prozent, 63,6 Prozent beziehungsweise 54,5 Prozent festgestellt worden, führte Hubert Paul, Vorsitzender der Unabhängigen Aufarbeitungskommission, aus.

Danach wurde das unangemessene Verhalten weniger – vor allem durch die Verabschiedung von entsprechenden Leitlinien 2002 und einem einhergehenden Paradigmenwechsel: weg vom Schutz der Institution, hin zur Verantwortungsübernahme zugunsten der Betroffenen, sagte Paul. Bis dahin habe keinerlei Opferfürsorge stattgefunden. Unter Bischof Walter Mixa (2005-2010) lag der Wert bei 33,3 und unter Bischof Konrad Zdarsa (2010-2019) bei 5,9 Prozent. Unter dem aktuellen Bischof Bertram Meier (seit 2020) wurde kein unangemessenes Verhalten festgestellt. Im Durchschnitt hätten die Verantwortlichen in 35,5 Prozent der Fälle nicht angemessen gehandelt, stellte die Kommission fest. Ein persönliches Missbrauchsverhalten habe es bei keinem der Verantwortungsträger gegeben.

Als Verantwortungsträger gelten in der Studie Generalvikare und Diözesanbischöfe. Für die UAKA-Studie wurden 193 Taten sexuellen Missbrauchs untersucht. Von den 156 Betroffenen seien zwei Drittel männlichen Geschlechts und 42,5 Prozent Kinder unter 14 Jahren gewesen. Die Taten seien insgesamt 77 Beschuldigten zuzuschreiben. Dazu komme ein Dunkelfeld, dessen Ausmaß aber nicht seriös beziffert werden könne, sagte Paul. Untersucht wurden für die Studie 1.507 Personalakten von Bistumsgeistlichen, die im Zeitraum 2000 bis 2014 noch gelebt hatten. Dabei seien Taten erfasst worden, die bis ins Jahr 1948 zurückreichten, teilte die UAKA weiter mit.

Die UAKA empfiehlt dem Bistum für den weiteren Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt: die Stärkung der Prävention, eine Kultur der Achtsamkeit, eine missbrauchssensible Aus- und Fortbildung der Kleriker, konsequentes Handeln gegenüber Beschuldigten und Tätern, eine Betroffenenfürsorge und Transparenz der Verantwortungsträger. (3402/30.10.2025)