Millionen von Vögeln sind derzeit wieder dabei, sich auf den Weg gen Süden zu begeben. Doch Klimawandel, veränderte Lebensräume und Lichtverschmutzung machen ihnen zunehmend zu schaffen.
Der Weg nach Süden wird laut einem Experten für Zugvögel immer problematischer. “Wahrscheinlich hatten es Vögel noch nie so schwer”, sagte der Verhaltensbiologe Franz Bairlein der “Süddeutschen Zeitung” (Mittwoch). Als sich der Vogelzug vor 10.000 Jahren entwickelt habe, habe es noch keine menschlichen Einflüsse gegeben. Nun machten den Tieren neben Jagd und Wilderei auch Lichtverschmutzung und der Klimawandel zu schaffen.
Der Klimawandel verändere die Lebensräume für die Vögel, führte der Wissenschaftler aus. Wenn es etwa künftig zum Austrocknen von Feuchtgebieten im großen Stil entlang der Zugwege kommen sollte, werde es richtig eng für viele Arten, die daran gebunden seien. Außerdem kämen mittlerweile viele Vögel früher im Brutgebiet an, weil sich mit der Erwärmung auch die Insektennahrung früher entwickle. “Wenn Nahrungsentwicklung und Nahrungsbedarf nicht mehr zusammenpassen, bedeutet das einen schlechteren Bruterfolg und letztlich weniger Vögel. Dieses Wettrennen ist im vollen Gange.”
Noch gebe es keinen grundlegenden Bruch im System Vogelzug, aber viele Anpassungen angesichts der neuen Umstände, sagte Bairlein. Einige Arten zögen überhaupt nicht mehr fort und blieben ganzjährig am Brutort. Inzwischen sei es deshalb normal, einen Singvogel wie die Mönchsgrasmücke im Winter in Deutschland zu sehen. Andere Arten wie die Singdrossel machten sich zwar noch auf den Weg, aber nicht mehr so weit wie früher.
Die stärksten Rückgänge gibt es nach den Worten des Biologen bei jenen Tieren, die südlich der Sahara überwintern. Auf ihrer Reise rasteten sie in Savannen und Wäldern, um Energie zu tanken. Doch diese seien massiv gerodet worden, um Holzkohle für die Städte zu produzieren. Dennoch glaube er nicht, dass der Vogelzug insgesamt in Gefahr sei, so Bairlein. Hunderte Millionen Vögel pendelten nach wie vor zwischen Europa und Afrika. Das System sei aber kein Selbstläufer. Deshalb sollte der Mensch die Dinge zum Besseren verändern und auf großer Fläche Lebensräume bewahren: im Brutgebiet, an den Rastplätzen und in den Überwinterungsgebieten.