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Bildungswende – Sprachtests für Vierjährige, weniger Schulabbrüche

Kinder brauchen weniger Bildschirm, dafür mehr Blickkontakt und Sprachförderung. Die Bundesbildungsministerin pocht auf Änderungen an Kitas und Schulen. Auch Eltern nimmt sie in die Pflicht.

Keine Handys an Grundschulen, weniger Schulabbrüche und verpflichtende Sprachtests für Vierjährige – das plant Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU), und zwar “so schnell wie möglich”. Die private Handynutzung sollte “weitgehend, aber altersgerecht” aus den Schulen verbannt werden, sagte Prien im Interview der Funke-Mediengruppe (Samstag). “Zu lange Bildschirmzeiten führen zu schlechteren Lernleistungen, zu geringeren sozialen Kompetenzen und zu psychischen Problemen.” Die Schulen sowie die meisten Eltern seien dankbar, wenn es in diesem Bereich klare, einheitliche Vorgaben gebe.

Die konkrete Umsetzung sei Ländersache, so die Ministerin weiter. Die Kultusminister der Länder befassten sich zur Zeit intensiv damit; der Bund werde den Prozess unterstützen, indem er die wissenschaftliche Grundlage liefere. Prien war bis zum Regierungswechsel im Bund selbst Bildungsministerin von Schleswig-Holstein.

Den Anteil der Schulabbrecherinnen und -abbrecher will die CDU-Politikerin bis Mitte des kommenden Jahrzehnts halbieren, wie sie weiter sagte. “Bund und Länder müssen darüber sprechen, die Quote bis 2035 zu halbieren.”

Prien führt die steigende Zahl von Schülerinnen und Schülern, die ohne Abschluss die Schule verlassen, auf die ebenfalls gestiegene Zahl von Geflüchteten zurück, die erst spät ins deutsche Bildungssystem kommen. “Eine verbesserte Sprachstandserhebung und Sprachförderung sind deswegen ein entscheidender Faktor.” Man müsse aber auch Lehrkräfte so ausbilden, dass sie mit “anspruchsvolleren, schwierigeren Schülergruppen” zurechtkämen. Zudem gelte es, Angebote der Jugendhilfe enger mit den Schulen zu vernetzen: Immer mehr Kinder bräuchten solche zusätzlichen Hilfen, weil sie aus Lebenslagen kämen, in denen die Schule allein ihnen nicht umfassend helfen könne.

Dass viele Kinder bei der Einschulung derzeit nicht schulreif sind, hänge auch mit der Bildschirmzeit der Eltern zurück, erklärte die Ministerin. Viele Eltern täten sich mit ihrer Erziehungsaufgabe schwer. “Sie haben weniger Zeit als früher, viele widmen ihrem Handy mehr Aufmerksamkeit als ihren Kindern.” Für die Entwicklung eines Kindes sei es aber entscheidend, wie viel Augenkontakt, Ansprache und Aufmerksamkeit es erlebe, wie viel vorgelesen und gemeinsam gespielt werde.

In diesem Zusammenhang kündigte sie bundesweit verpflichtende Sprachtests für alle Vierjährigen, um Kinder besser auf die Schule vorzubereiten. Zunächst müsse man Eltern stärker machen und dann in den Kitas gezielt fördern, sagte Prien. “Aber es gilt: Keine Förderung ohne Diagnostik”. Die Tests könnten etwa zeigen: “Wo hapert es noch beim Wortschatz, wo gibt es Defizite bei den Deutschkenntnissen?”

Der Bund werde die Länder bei der Einführung der vorschulischen Tests und der Fördermaßnahmen unterstützen, betonte die Politikerin. “Konkret wollen wir die Sprachkitas wieder aktivieren und zudem Kitas in sozialen Brennpunkten, rund um die Schulen im Startchancen-Programm, unterstützen.”