Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat sich gegen Verteilaktionen am Hamburger Hauptbahnhof ausgesprochen. Verschiedene Initiativen und Akteure hätten dort in jüngster Zeit nicht genehmigte Aktionen abgehalten, teilte das Amt am Freitag mit. Bezirksamtschef Ralf Neubauer (SPD) appellierte an sie, darauf zu verzichten. Das Amt sehe in dem Bereich keinen Bedarf, außerdem halte es Verkehrsflächen, über die der Bahnhof täglich von einer halben Million Menschen angesteuert werde, nicht für den richtigen Ort.
„Es gibt rund um den Hauptbahnhof eine große Zahl an Angeboten, insoweit erleben wir dort derzeit eher eine Überversorgung“, sagte Neubauer laut Mitteilung. Die Aktionen reichten von großangelegten Verteilaktionen bis zu Grillfesten. Sie fänden derzeit vor allem im Bereich des Heidi-Kabel-Platzes statt. Die bezirkseigenen Flächen würden häufig völlig vermüllt hinterlassen.
Das Bezirksamt hat in den vergangenen Wochen nach eigenen Angaben den ihm bekannten Initiativen und Akteuren Gespräche angeboten. Aktuell gebe es sehr konstruktive Gespräche mit dem Verein „Hamburger Gabenzaun“, sagte Neubauer. Der Verein habe seine Verteilaktionen eingestellt und werde voraussichtlich zeitnah an einen neuen Standort umziehen. Zwei weitere Initiativen hätten ihre Teilnahme an den Gesprächen zwar zugesagt, seien aber nicht erschienen.
„Gabenzaun“-Vorstand Sarah Lena Goos sagte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Verein stehe seit Anfang dieses Jahres bezüglich der Situation rund um den Hauptbahnhof mit unterschiedlichen Behörden im Gespräch. Dabei seien immer wieder die von den Behörden vorgebrachten Problematiken erörtert worden: „Mal waren es die Verschmutzungen und Verwahrlosungen, dann die Menschenansammlungen und zunehmendes Gefahrenpotential. Nachdem bewiesen werden konnte, dass diese Umstände nicht durch die Aktivitäten des Vereins hervorgerufen oder verstärkt werden, folgte das Argument anstehender Baumaßnahmen“, sagte sie.
Der Aufforderung der Behörden nach Unterlassung sei der Verein umgehend nachgekommen, allerdings „offenbar als einziger Verteiler“, wie Goos sagte. „Andere Initiativen blieben bei ihren Aktivitäten und weiteten diese sogar aus.“ Mehr noch: Der „Hamburger Gabenzaun“ sei dafür kritisiert worden, die Bedürftigen im Stich zu lassen. Goos sagte, entgegen Aussagen anderer Organisationen habe der Verein die Bedürftigen nicht alleingelassen, „sondern er hat sich lediglich an die behördlichen Anordnungen gehalten“.
Eine Genehmigung sei mit Kosten verbunden, sagte Goos. „Daher besteht seit 2017 eine dauerhafte Duldung unter Auflagen und Absprachen. Auch jetzt stehen wir in Verhandlungen, um weiterhin am Heidi-Kabel-Platz unserer Arbeit nachkommen zu können.“
Der Verein wolle innerstädtisch den Bedürftigen zur Verfügung stehen bleiben. Hierzu liefen Gespräche unter anderem mit der Sozialbehörde und dem Quartiersmanagement. „Auch ist ein Gabenzaun Café in direkter Umgebung in Planung.“ Dieses solle „zusätzlich zur Basisarbeit am Heidi-Kabel-Platz den Bedürftigen zur Verfügung stehen und das Hauptaugenmerk ebenso auf die Verweisarbeit und Sozialberatung legen“, sagte Goos. „Der Verein wird – mit Duldung des Bezirksamtes Mitte – weiterhin einen Infostand zur Beratungs- und Verweisarbeit am Standort Heidi-Kabel-Platz aufrechterhalten.“ Die Planung zusätzlicher Hilfsangebote an anderer Stelle bleibe hiervon unberührt.
Mit Blick auf die nicht zu Gesprächen erschienenen Akteure teilte Neubauer mit: „Unsere Tür steht auch diesen Initiativen für Gespräche weiterhin offen.“ Weitere Verteilaktionen am Hauptbahnhof lehne das Bezirksamt allerdings ab und es werde sie auch nicht tolerieren.