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Beschädigtes Werk in Rosenheim soll Mahnmal sein

Vor der Städtischen Galerie in Rosenheim steht das „Bewohnbare Bild“ von Hermann Josef Hack (geboren 1956) – entstanden erst vor wenigen Tagen im Juni 2024 beim Kunstprojekt „Zuflucht Zukunft“. In der Nacht auf Freitag haben unbekannte Täter versucht, das etwa drei Quadratmeter große Bild anzuzünden und haben es eingeschnitten. An der Baptistenkirche haben vermutlich die gleichen Täter „Klimawesten“ zerschnitten, ebenfalls Objekte, die im Rahmen der Kunstaktion von Hack entstanden sind.

Die Kriminalpolizei habe die Ermittlungen übernommen und sucht nach Zeugen. Sie schließt eine politisch motivierte Tat nicht aus, teilte die Polizei am Samstag mit.

„Es ist nicht das erste Mal, dass eine Arbeit von mir zerstört wurde“, reagierte Hack auf die Taten. 2015 sei eine Installation für die Opfer des Klimawandels von Neonazis demoliert und mit Parolen beschmiert worden. „Das zeigt, dass meine Kunst Wirkung erzeugt und mehr über die Täter aussagt als über mich.“ Er habe entschieden, dass die Installation und die weiteren Kunstwerke noch bis Mitte Juli in Rosenheim bleiben „als Mahnmal, dass nicht alle an einer friedlichen und konstruktiven Lösung unserer aktuellen Herausforderungen interessiert sind und hier noch viel Arbeit zu leisten ist“.

Die nun angegriffenen Kunstwerke gehören zur Kunstaktion der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AcK) Rosenheim vor einer Woche, an der sechs Kirchen und die Städtische Galerie beteiligt waren. Dazu wurden Installationen und ein Friedensweg aller Konfessionen und der Muslime durch die Stadt veranstaltet, teilte Ulrich Schäfert Leiter der Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising mit. Es sei um Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Migration gegangen und gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen.

Das gezielte Vorgehen gegen das Bild mit Messer und Brandstiftung weise darauf hin, dass das Themenfeld Klimawandel und Migration bei der betreffenden Person etwas ausgelöst habe, „auf das mit Abwehr und Aggression reagiert wird“, erklärte auch Schäfert, der Anzeige erstattet hat. „Es bleibt eine große gesellschaftliche Aufgabe, die Herzen für die Schicksale von Menschen zu öffnen, die unmittelbar von den dramatischen Folgen des Klimawandels und der bedrückenden Situation der Flucht betroffen sind.“

In Rosenheim gebe es verhältnismäßig viel Kunst im öffentlichen Raum. Übergriffe seien bisher kaum bekannt, erklärte Olena Bahun vom Vorstand des Kunstvereins Rosenheim am Samstag. Nun seien aber Arbeiten von Hack und von Max Erbacher, die derzeit in der Jahresausstellung des Kunstvereins Rosenheim vor der Städtischen Galerie Rosenheim präsentiert würden, angegriffen und massiv beschädigt worden.

Hermann Josef Hack hat nach Angaben der AcK Rosenheim 1991 das Global Brainstorming Projekt gegründet. Sie sei eine weltweit operierende Plattform künstlerischer Kommunikation globaler Themen wie Klimawandel, Migration, Wasser- und Ressourcenverteilung, Hunger, Kriege und deren sozialen Auswirkungen. Hack sei in den 1990er-Jahren als Pionier der neuen Medien in Erscheinung getreten, als er die erste Videoverbindung zwischen Forschern am Nord- und Südpol und einem Museum in Deutschland hergestellt habe.

2014 stellte er für sein „Basislager/Base-Camp – Herbergssuche im 21. Jahrhundert“ eine große, raumgreifende Zeltinstallation in ein Kirchenschiff. Hack wurde mit verschiedenen Kunstpreisen und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er versteht sich in der Tradition von Joseph Beuys und seiner Kunst im öffentlichen Raum. (00/1915/22.06.2024)