Für November ist in Belem im Amazonasgebiet die UN-Klimakonferenz geplant. Doch jetzt werden Vorwürfe laut, dass Viehfarmen in dem Gebiet große Zerstörungen anrichten – und ihr Fleisch auch die EU erreicht haben könnte.
Im November schaut die Welt auf den brasilianischen Gliedstaat Para, wo auf der UN-Klimakonferenz COP 30 über die Rettung von Umwelt und Klima beraten wird. Laut einem nun veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) dringen in Para Viehfarmer auf ein indigenes Reservat und auf Ländereien von Kleinbauern vor. Illegal dort produziertes Fleisch könnte auch in die EU gelangt sein.
In einem 86-seitigen Bericht beschreibt die Organisation, wie sich Farmer auf kriminelle Art und Weise Land aneigneten. Betroffen seien sowohl die Ansiedlung Terra Nossa, wo Kleinbauern lebten, als auch das Indigenenreservat Cachoeira Seca. Die Rechte der dort lebenden Menschen würden dadurch missachtet, so HRW.
Dort illegal produziertes Fleisch werde an Unternehmen geliefert, die dem brasilianischen Agrarunternehmen JBS zulieferten. Der Konzern, der zu den weltweit größten Fleischproduzenten zählt, hatte sich verpflichtet, bis Ende 2025 sicherzustellen, kein Fleisch aus illegaler Produktion zu handeln. Laut HRW verfügt der Konzern jedoch nicht über die Mittel, um den Ursprung des Fleisches lückenlos zu verfolgen.
HRW berichtet über fünf Fälle, in denen illegal produziertes Fleisch aus dem Gebiet an JBS geliefert worden sei. Demnach gelangte das Fleisch dann nach Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, Spanien und Schweden. Zudem stammte den Angaben zufolge nach Italien exportiertes Leder aus dem Gebiet.
Die brasilianische Regierung komme nicht ihrer Pflicht nach, sowohl die Ansiedlung der Kleinbauern als auch das indigene Gebiet zu schützen, so HRW. In dem Reservat Cachoeira Seca leben Indigene vom Volk der Arara. Laut Verfassung dürfen Nicht-Indigene dort nicht siedeln. Doch seit Jahren verwandeln weiße Siedler hier Wald in Weideflächen. Cachoeira Seca sei 2024 das Indigenengebiet mit der höchsten Rate an Waldvernichtung in ganz Brasilien gewesen.
Die Siedlung Terra Nossa war 2006 unter Präsident Luiz Inacio Lula da Silva eingerichtet worden, der 2003 mit dem Versprechen angetreten war, landlosen Bauern Siedlungsgebiete zuzuweisen. Auch solche Gebiete müssen vom Staat geschützt werden. Laut offiziellen Untersuchungen haben sich dort Farmer zum Teil mit Gewalt Land der Kleinbauern angeeignet. 2023 wurde bereits rund die Hälfte des Gebiets in Viehweiden umgewandelt, wie offizielle Daten zeigen.
JBS kündigte an, ab Anfang 2026 von seinen Zulieferern lückenlose Ursprungszeugnisse zu verlangen. Die EU plant ebenfalls ab 2026 strengere Regeln für Fleischimporte. Zudem ist der legale Ursprung von Agrarexporten ein Knackpunkt für den Freihandelsvertrag zwischen der EU und dem Mercosur-Block, dem Brasilien angehört. Vor allem Landwirte in Frankreich wehren sich gegen den Import von Agrargütern aus dem Mercosur. So dürften strengere Kontrollen in Brasilien Teil der europäischen Bedingungen für den Abschluss des Vertrages sein.
Der Abschluss des Freihandelsvertrags steht ganz oben auf der Prioritätenliste von Lula da Silva. Für den Präsidenten, der sich bereits in seiner dritten Amtszeit befindet, ist zudem wichtig, Brasilien auf der COP 30 als Vorreiter des globalen Klimaschutzes zu präsentieren. Auf Kritik an seiner Politik wie an der Förderung von Öl und Gas in der Amazonasregion reagiert Lula dünnhäutig.
Brasilianische Gesetze verlangen nicht, dass Fleischproduzenten den legalen Ursprung ihrer Produkte zum Beispiel durch Ortungshilfen wie GPS-Tracker für die Tiere lückenlos nachweisen. Erst 2032 will die Regierung landesweit ein solches System einführen. HRW mahnt die Lula-Regierung jedoch zu größerer Eile. Zudem müsse sie schnellstmöglich die illegalen Farmen in Para schließen lassen.