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Bericht: EU tritt bei der Inklusion Behinderter auf der Stelle

Für Menschen mit Behinderungen hat sich das Leben durch EU-Maßnahmen kaum verbessert. Wie aus einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervorgeht, haben sie immer noch Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, und sind stärker von Armut bedroht. Der Leiter der aktuellen Untersuchung, Stef Blok, sprach bei der Vorstellung am Donnerstag in Luxemburg von einem “Jahrzehnt des Beinahe-Stillstands” auf dem Weg zur Inklusion in wichtigen Bereichen.

Dem Bericht zufolge entwarf die EU-Kommission in Brüssel zwar europaweite Strategien für Menschen mit Behinderungen und schlug neue Initiativen vor; bei den einschlägigen Rechtsvorschriften geriet man jedoch ins Stocken. “Die Kommission hat sich verpflichtet, Menschen mit Behinderungen zu helfen, gleichberechtigt am Alltag teilzunehmen, aber die Maßnahmen der EU hatten nur geringe praktische Auswirkungen”, sagte Blok.

Als einen Grund identifizierten die Prüfer, dass innerhalb der EU von Land zu Land unterschiedliche Kriterien für die Anerkennung eines Behindertenstatus gelten. Das erschwere nicht nur der Kommission, sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen, sondern sei auch für Personen mit einer Behinderung ein Hemmnis in der Freizügigkeit: Wer ein anderes EU-Land besuche oder zur Arbeit oder zum Studium umziehe, riskiere eine Benachteiligung gegenüber Inländern in einer vergleichbaren Situation.

Weitere Inklusionsbremsen sah der Rechnungshof im Stillstand bei der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie und in einer langsamen Umsetzung des europäischen Rechtsakts zur Barrierefreiheit in nationales Recht. Auch sei dies nur sehr lose mit EU-Mitteln verknüpft. Zudem halte die Kommission nicht nach, in welcher Höhe EU-Gelder tatsächlich für die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen ausgegeben würden.

Maßnahmen zur sozialen Inklusion sind in der EU vorrangig Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Während staatliche Ausgaben für die Sozialpolitik 2020 im EU-Schnitt bei 22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lagen, entfiel auf den Bereich “Behinderungen” ein Zehntel davon, 2,2 Prozent. Die Spanne reichte von 0,6 Prozent in Malta bis 5 Prozent in Dänemark. Deutschland lag mit 2,7 Prozent etwas über dem Schnitt.

Etwa ein Viertel der EU-Bürger über 16 Jahre – rund 87 Millionen Personen – haben eigenen Angaben zufolge eine Behinderung, beispielsweise eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung. 2021 hatten laut der Statistikbehörde Eurostat nur 51 Prozent von ihnen einen Arbeitsplatz; bei Menschen ohne Behinderungen waren es 75 Prozent. Dieser Abstand blieb seit 2014 nahezu unverändert.