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Bundesamt: Beratungsanfragen zu Radikalisierung 2023 verdoppelt

Die Beratungsstelle Radikalisierung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2023 doppelt so viele Beratungsanfragen bearbeitet wie im Vorjahr. Mit 313 Beratungsgesprächen sei der höchste Wert seit fünf Jahren erreicht, teilte das Bundesamt am Freitag in Nürnberg mit. Die bundesweite Erstanlaufstelle habe bereits in den vergangenen Jahren ein hohes Niveau an Beratungsanfragen zu Islamismus und Radikalisierung erfasst. Dennoch stelle der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 „einen Einschnitt dar – sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht“, sagte Florian Endres, Leiter der Beratungsstelle.

Mehr als die Hälfte der Beratungsanfragen stammt laut Mitteilung aus dem familiären Umfeld mutmaßlich radikalisierter Personen, vor allem von Eltern. Jede fünfte Anfrage gehe auf einen schulischen Kontext zurück, zum Beispiel wenn Lehrkräfte Wesensveränderungen bei Schülerinnen und Schülern feststellten.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Nahostkonflikt sei eine Veränderung der Beratungsinhalte wahrzunehmen. Oft gehe es inzwischen um das Konfliktgeschehen vor Ort, Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit sowie die in der Region aktiven extremistischen Organisationen. Auch Unsicherheiten im Umgang mit Kommentaren oder Postings mit Bezug zum Nahostkonflikt in den sozialen Medien würden von den Ratsuchenden thematisiert. Grundsätzlich sei zu beobachten, dass islamistisch motivierte Radikalisierungsprozesse zunehmend in Internet angestoßen und vertieft werden, teilte das Bundesamt auf Nachfrage mit.

Das Durchschnittsalter mutmaßlich islamistisch radikalisierter Personen sei im vergangenen Jahr weiter gesunken und betrage nun etwa 17 Jahre. Auch immer mehr junge Menschen unter 13 Jahren seien betroffen.