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Aus der Erde geholt

Die Fundamente des Zwangsarbeiterlagers der Kirche in Berlin-Neukölln wurden freigelegt.

Von Gunnar Lammert-Türk

Bis vor Kurzem zeigte nur ein Schild, wo früher der Standort des Zwangsarbeiterlagers an der Neuköllner Hermannstraße 84–90 war. Die Baracken am hinteren Ende des Friedhofs der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde waren am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört worden, und was an Spuren noch auffindbar war, blieb jahrzehntelang unter Friedhofsabfällen verborgen.Nun wurde ein Teil davon wieder sichtbar gemacht. Nach vorangegangener Beräumung hat das Archäologiebüro Dressler, unterstützt von freiwilligen Helfern, in der ersten Septemberwoche Reste von Wasserleitungen, Eingangsstufen und Fundamentstreifen der Wohn- und der Wirtschaftsbaracke des Lagers freigelegt, in dem etwa hundert sogenannte Ostarbeiter untergebracht waren, die auf den Friedhöfen von 42 Berliner Kirchengemeinden, darunter drei katholischen, als Totengräber eingesetzt waren.Das nach jetzigem Kenntnisstand einzige Zwangsarbeiterlager der Kirche wurde im Sommer 1942 auf dem Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde errichtet. Die meisten deutschen Totengräber waren im Krieg, und die zeitweilig eingesetzten bulgarischen Lohnarbeiter waren der Kirche zu teuer. Viel preiswerter waren die jungen Männer aus der überfallenen Sowjetunion, vornehmlich aus der Ukraine. Ab Oktober 1942 bewohnten sie das Barackenlager, das mit separatem Eingang am Rand des Friedhofs aufgebaut worden war, damit, wie seine Betreiber sich ausdrückten, „das Ansehen des Friedhofs und seine Würde in keiner Weise beeinträchtigt werden“.

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