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Aufschlag für die Bibel

Am 25. Juni können sich Interessenten im Haus der Landeskirchlichen Dienste in Dortmund informieren und austauschen über erprobte Projekte und darüber, wie Menschen ein neuer Zugang zum „Buch der Bücher“ eröffnet werden kann

thodonal - Fotolia

Sie kommt gerne hierher. Manchmal in der Mittagspause, hin und wieder auch am Wochenende, nach dem Einkauf auf dem Markt. Sie genießt die Stille und das Alleinsein in der Offenen Kirche. Meist setzt sie sich nur in eine Kirchenbank. Mehr braucht sie nicht. Kein Telefon, keine Gespräche, keine SMS. Nur die Stille. Gerne zündet sie auch eine Kerze an, bevor sie wieder geht. Oder schreibt etwas in das Buch auf dem Stehpult, gleich neben der Kerzenecke.

Das „Buch der Bücher“ soll aus dem Schatten ins Licht

Wie sie nutzen es viele. Schreiben etwas von ihren kleinen oder großen Sorgen auf. Bitten Gott um Hilfe oder danken ihm für das Gute, das sie erlebt haben. Kurz blättert sie noch in dem Buch, liest den einen oder anderen Eintrag, dann geht sie hinaus. Die aufgeschlagene Bibel auf dem Tisch nimmt sie nicht wahr, geht schnell daran vorbei. Sie ist nicht die Einzige…
In vielen Offenen Kirchen fristet die Bibel ein Schattendasein. In der „Kirche des Wortes“ scheint das (Bibel-)Wort bei den Besucherinnen und Besuchern nicht mehr hoch im Kurs zu stehen. Im Unterschied zur Kerzenecke oder dem sogenannten Anliegenbuch wird die Einladung, in der Bibel zu lesen, nur selten von ihnen wahrgenommen.
Vielleicht weil sie die Bibel einfach übersehen? Oder aus Scheu, sie nach langer Zeit wieder oder gar zum ersten Mal in die Hand zu nehmen und darin zu lesen. Vielleicht aber auch, weil sie mit diesem „Buch der Bücher“ einfach gar nichts mehr anzufangen wissen; es für sie eher ein „Buch mit sieben Siegeln“ ist, das sich ihnen nicht mehr erschließt.
Die aufgeschlagene Bibel gehört zum Grundangebot jeder Offenen Kirche. Unaufdringlich lädt sie dazu ein, die großen und kleinen Geschichten Gottes mit den Menschen wieder oder ganz neu kennenzulernen. Sie will den Leser mitnehmen auf eine Entdeckungsreise, bei der er selbst herausfinden und erfahren kann, wie Gott seine Geschichte mit ihm schreibt. Sie vermittelt Trost und Hoffnung und lädt ein zum Dank und zum Lob Gottes. Sofern man sich für sie Zeit nimmt…
So gut und richtig es ist, die Bibel in der Offenen Kirche auszulegen, so gibt es doch noch viele andere Möglichkeiten und Wege, um die „Bibel neu ins Spiel zu bringen“ und Besucherinnen und Besucher neugierig zu machen auf die Worte und auf die Geschichten, von denen sie erzählt.

Leseecken, Bibelworte, Ausstellungen als Einladung

Dies fängt bei einer Auswahl verschiedener Übersetzungen an, die auf die unterschiedlichen Sprach- und Hörgewohnheiten Rücksicht nimmt und Besucherinnen und Besuchern in sogenannten Bibel-Leseecken die Gelegenheit gibt, einfach einmal ungestört in klassischen wie modernen Übersetzungen oder auch in Kinderbibeln zu blättern, vielleicht – wie in der Predigerkirche in Zürich – sogar in einem bequemen Ledersessel?
Ein anderer Weg sind ausgewählte Bibelworte, meist auf kleinen Karten aufgedruckt, die jede und jeder mitnehmen und im Alltag immer wieder neu lesen und für sich entdecken kann. Aber auch interaktive Ausstellungen zur Bibel, die Besucherinnen und Besucher mit einem Bibeltext in ein stilles Gespräch bringen, sind hier, in der Offenen Kirche, durchaus möglich.
Der Praxistag Offene Kirche am 25. Juni zum Thema „Die Bibel ins Spiel bringen“ in Dortmund stellt diese und andere erprobte Projekte wie spirituelle Kurzimpulse oder die Umsetzung eines Gebets- oder Bibelgartens in beziehungsweise an der Offenen Kirche vor und zeigt auf, wie Menschen einen neuen Zugang zur Bibel, ihren Geschichten und Erfahrungen bekommen können. Zudem bietet er den Teilnehmenden die Möglichkeiten, in einem Workshop in der neu gestalteten „Werkstatt Bibel“ im Haus Landeskirchlicher Dienste in Dortmund eigene Erfahrungen mit dem „Buch der Bücher“ zu machen. Eingeladen zum Praxistag sind haupt- wie ehrenamtlich Mitarbeitende aus Offenen Kirchen wie aus Gemeinden, die Interesse an einer Offenen Kirche haben.

Andreas Isenburg ist im AmD unter anderem zuständig für die Initiative „Offene Kirchen“.