Fulda – Die katholische Kirche will den Missbrauchsskandal nach der Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie ohne Tabus aufarbeiten. „Es darf keine Tabuthemen geben“, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Abschluss der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda. Die Bischofskonferenz hatte die Studie zum tausendfachen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche von 1946 bis 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die 66 in Fulda vertretenen Bischöfe kündigten in einer Erklärung an, sie wollten unter anderem künftig „mehr als bisher“ die Begegnung mit den Betroffenen suchen, die Personalakten in den Archiven für weitere Untersuchungen standardisieren, unabhängige Fachleute im Rahmen der Aufklärung heranziehen, Verantwortlichkeiten und Täter klären und sich der Diskussion um Zölibat und katholische Sexualmoral stellen. Zudem soll das Anerkennungsverfahren zur Entschädigung und deren Höhe neu verhandelt werden.
Kardinal Marx unterstrich, er habe „wirklich den Eindruck“, die Bischöfe seien mit „großer Ernsthaftigkeit und persönlicher Betroffenheit“ das Ergebnis der MHG-Studie durchgegangen. Die Empfehlungen der beteiligten wissenschaftlichen Institute seien Grundlage für die weiteren Schritte zur Aufarbeitung.
Die von einem Wissenschaftler-Verbund erstellte Studie ergab, dass zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3677 Minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. 1670 Kleriker sind der Taten beschuldigt. Zudem attestierten die Autoren der katholischen Kirche „spezifische Strukturmerkmale“, die den Missbrauch begünstigt hätten. Ein „komplexes Zusammenspiel“ von sexueller Unreife und verleugneter homosexueller Neigung in einer teils offen homophoben Umgebung könne zudem Erklärung dafür sein, dass überwiegend Jungen Opfer von Missbrauch durch Kleriker wurden. epd
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Aufklärung ohne Tabus
Katholische Bischöfe versprechen in einer Erklärung zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung umfangreiche Aufarbeitung