In Rom macht der Papst gern spontane Ausflüge aus dem Vatikan, überrascht Gemeinden, alte Bekannte oder fährt in Freizeitparks. Und auch auf seinen Auslandsreisen büxt Franziskus schon mal aus dem Programm aus.
Am Samstagabend war es wieder so weit: Gegen 21.30 Uhr tauchte ein sichtlich gut gelaunter alter Mann in Weiß an einem Ort auf, wo man ihn nicht erwartet hatte. Auf der bunt beleuchteten Bühne des Brüsseler Expogeländes grüßte er vom Rollstuhl aus mit einem “Buonasera” die verblüfften Gäste des internationalen Jugend-Events “Hope Happening”. Papst Franziskus hatte sich spontan Zeit genommen, um die rund 6.000 jungen Leute zu besuchen; und das bei seinem relativ eng getakteten Reiseprogramm in Luxemburg und Belgien.
Kleine Abstecher hatte der 87-Jährige bereits an den Tagen zuvor gemacht und damit auch seiner 46. Auslandsreise entgegen dem festgelegten Protokoll einen eigenen Stempel aufgedrückt. Schon auf seiner ersten Etappe am Donnerstag in Luxemburg war Franziskus überraschend in einer Kaffeebar in der Innenstadt erschienen, hatte seinen italienischen Espresso genossen und mit dem Barista und anderen Gästen geplaudert. Die waren hinterher noch lange aus dem Häuschen: Kaffeeklatsch mit dem Papst!
Dass das Kirchenoberhaupt aus Argentinien nicht nur Kaffee – und Wein – schätzt, zeigte sich am Samstagmorgen beim Frühstück in der Brüsseler Gemeinde Saint Gilles. “Es ist schön, den Tag mit Freunden zu beginnen”, sagte der Papst und lobte die Kreativität der Gemeinde beim Einsatz für obdachlose, geflüchtete oder andere benachteiligte Menschen. “Sie haben sogar ‘La Biche de Saint Gilles’ kreiert, und ich glaube, dass es ein sehr gutes Bier ist”, sagte Franziskus. Die Pfarrei hatte ihm vier Flaschen des selbst gebrauten Bio-Biers geschenkt, dessen Erlös für wohltätige Zwecke bestimmt ist.
Um Wohltätigkeit ging es auch beim Überraschungsbesuch des Papstes am Freitag im Brüsseler Heim Saint-Joseph für arme, alte und kranke Menschen. Nach dem Treffen mit Belgiens König Philippe und Premierminister Alexander De Croo im Schloss Laeken stand eigentlich eine mehr als fünfstündige Pause vor den offiziellen Nachmittags-Terminen auf dem Programm, so das Portal Vatican News. Doch der päpstliche Konvoi machte einen Abstecher ins Brüsseler Viertel Marolles, wo das von den Kleinen Schwestern der Armen geführte Heim Saint-Joseph liegt.
Als der unverwechselbare weiße Fiat 500 mit dem Kennzeichen SCV 1 vor dem Sozialzentrum hielt, empfingen zwei Ordensfrauen den Papst und dankten ihm für diese Überraschung. “Aber gerne doch”, antwortete Franziskus.
Im Saal begrüßten Menschen in Rollstühlen den Papst mit Beifall. “Ich segne Sie und bete für Sie. Beten Sie für mich”, sagte der Papst, der mittendrin in seinem Rollstuhl saß, auf Französisch. “Tous les jours… Jeden Tag”, kam es im spontanen Chor.
Trotz des begrenzten Platzes wollte Franziskus die Anwesenden einzeln begrüßen. Als sein Rollstuhl zwischen den Reihen der anderen Rollstühle hindurchfuhr, entstand sofort ein kleines Gedränge. Dennoch schüttelte er jedem die Hand, verschenkte freundliche Worte und Rosenkränze.
Immer wieder nimmt sich Franziskus Zeit für Menschen mit Behinderung. Als er am Donnerstagnachmittag im Rollstuhl durch die Luxemburger Kathedrale gefahren wurde, wies er seinen Helfer mit einer deutlichen Geste an, rechts abzubiegen und anzuhalten. Dort wartete etwa ein Dutzend Frauen und Männer in Rollstühlen auf den Papst, manche streckten die Arme nach ihm aus. Franziskus ließ sich nah an die Menschen heranfahren, nahm ihre Hand und sprach kurz mit ihnen.
Auch bei der Begegnung in der Brüsseler Kathedrale ließ er bei den Rollifahrern vorne am Altar anhalten, schwatzte trotz des schon leicht verzögerten Zeitplans mit einem etwa gleichaltrigen Mann und hob einer Frau im Rollstuhl das heruntergefallene Gottesdienstheft auf – alles vor laufenden Fernsehkameras.
Ob bewusst oder unbewusst: Damit rückt er auch die Situation behinderter Menschen ins Scheinwerferlicht. Seit knapp zweieinhalb Jahren ist Papst Franziskus selbst auf den Rollstuhl angewiesen. Dennoch will er sich ganz offensichtlich nicht unterkriegen lassen. Eine Botschaft, die er weitergeben will, nicht nur anderen Menschen mit Behinderung – und auch mit seinen gelegentlichen Extratouren.