Von Sabine Hoffmann
Der ovale Tisch, an dem das Staatsoberhaupt Russlands sitzt, ist gigantisch. Die Fernsehbilder davon zeigen den Chef des Landes an diesem Möbelmonstrum vereinsamt und klein. Wie will man auch an einem so großen Tisch vernünftige Entscheidungen treffen?
Würde man an so einem Tisch essen, wären die Gemüse- und Fleischschüsseln kalt, bevor sie das Gegenüber am anderen Ende des Tisches erreichen. Dieser Tisch sollte schrumpfen, damit die am Tisch Sitzenden sich in die Augen sehen können, ohne ein Fernglas zu benutzen.
Bei meiner Freundin in Brandenburg wächst der Tisch über Nacht. Zuerst saßen daran 3 Personen, dann 5, jetzt sind es schon 9 und vorgestern sogar 11! Irina, Tatjana, Olga, Daromir, Bogdan, Anja, die kleine Marissa und sogar ein Wladimir, alle aus der Ukraine, sowie Petra, Sabine und Doreen speisten daran. Es war richtig kuschelig. So kuschelig, dass sich die Ellenbogen berührten. Und in die Augen sehen konnte man sich sowieso. Niemand musste brüllen, um an die Kartoffelschüssel zu kommen.
Wladimir hat seit drei Tagen die Küche erobert. Jeden Morgen macht er Frühstück. Und deckt den verzauberten Tisch. Und wehe, wenn jemand Wladimirs Spiegeleier nicht mag. Dann sind sie ganz schnell auf anderen Tellern verteilt. Denn Teilen macht Spaß. Wegnehmen und kaputt machen nicht.