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Alternativen zu Hass und Gewalt

Dortmunder Beratungsstelle beobachtet gesteigerte Radikalität in rechtsextremer Szene. Bei Jugendlichen frühzeitig auf Alarmzeichen reagieren

DORTMUND – Mit steigenden Flüchtlingszahlen treten Rechtsextreme in Dortmund und anderen Regionen Westfalens nach Auffassung des Vereines „Backup-Comeback“ unverhohlener und radikaler auf als zuvor. Die gesteigerte Aggressivität mache sich vor allem durch Provokationen bemerkbar, beispielsweise als Rechtsextreme sich unter die Teilnehmer des Ostermarsches mischten, sagte Hartmut Anders-Hoepgen, Vorsitzender des Vereins „Backup-Comeback“, nach der Jahresversammlung in Dortmund. Auch Übergriffe auf Journalisten und Fackelzüge vor Flüchtlingsheimen gehörten dazu.
Auch wenn nach Einschätzung des früheren Superintendenten der damaligen Vereinigten Kirchenkreise Dortmund-Lünen ein erheblicher „gesellschaftlicher Gegendruck“ gegen Rechts besteht und die große Mehrheit der Bevölkerung Rechtsextremismus ablehnt, müsse die rechte Szene selbst stärker als bisher in den Blick genommen werden. Es komme darauf an, einzelne Ausstiegswillige aus der rechtsextremen Szene anzusprechen und sie auf dem weiteren Weg zu begleiten, sagte Anders-Hoepgen.
Er sehe in der Intensivierung dieser Arbeit gute Chancen, die Rekrutierung junger Menschen durch die rechte Szene zu erschweren. Dazu bedürfe es eines engmaschigen Netzwerkes, von Berufskollegs über Jugendstätten bis hin zu Bewährungshelfern und Polizei.
Alle Beteiligten sollten sich frühzeitig zu Wort melden, wenn sie bei Jugendlichen Tendenzen einer Radikalisierung feststellten, betonte der Vorsitzende. Darüber hinaus sei auch ein gegenseitiger Austausch über das Verhalten gefährdeter junger Menschen von Vorteil.
Doch es dürfe nicht nur das Ziel sein, ein Abdriften zu verhindern;  Neonazis müssten aus der Szene wieder herausgeholt werden. Dabei sei es wesentlich, der Ideologie aus Hass und Gewalt ein überzeugendes Alternativprogramm entgegenzusetzen, das die Betroffenen mit ihrer Gesamtsituation, auch mit ihren Fragen und Schwierigkeiten, wahrnehme. Anders-Hoepgen würdigte die gute Zusammenarbeit mit dem Aussteigerprogramm auf Landesebene, „Nina“ (Neue Wege in Ausbildung und Arbeit).
Eine Loslösung aus der Neonaziszene sei ein langer Prozess, der sehr viel Umsicht und Feingefühl erfordere. Um Ausstiegswillige auch nachhaltig zu schützen und sie keinen Gefahren auszusetzen, würden keine Daten über die Arbeit von Comeback veröffentlicht, erläuterte Anders-Hoepgen.
Backup-Comeback berät und begleitet Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalttaten. Zudem unterstützt der Verein vor allem junge Menschen, die die Neonazi-Szene verlassen wollen oder in der Gefahr sind, abzurutschen. Die Übernahme der beiden Einrichtungen „Backup“ (Opferberatung) und „Comeback“ (Aussteigerprogramm) erfolgte durch den 2013 gegründeten Trägerverein. Der „westfälische Verein für die offensive Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus“ erhält von der Stadt Dortmund insgesamt 100 000 Euro, wobei die Fördergelder zu je 50 000 Euro für „Backup“ und „Comeback“ bestimmt sind.
Darüber hinaus fördert das Land NRW mit 250 000 Euro die Opferberatung Backup. Sie hat seit ihrer Gründung 2011 rund 250 Beratungsfälle begleitet. In beiden Bereichen, Opferberatung und Aussteigerberatung, arbeiten den Angaben nach stets erreichbare Fachleute. Um die Arbeit der beiden Beratungsstellen zu intensivieren und auszubauen, seien auf Dauer weitere Fördermittel notwendig, betonte Anders-Hoepgen.epd

BackUp ist von 9 bis 18 Uhr über das BackUp-Handy erreichbar. An Wochenenden/ Feiertagen wird einmal am Tag die Mailbox abgehört. BackUp: 0172/104 54 32.